Westfalen-Blatt: Fall Amri: Generalbundesanwalt belastet NRW-Innenministerium
Bielefeld (ots)
Ein am Freitag bekanntgewordenes Schreiben des Generalbundesanwaltes Peter Frank zum Fall des Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri setzt die NRW-Landesregierung erheblich unter Druck. Das berichtet das Westfalen-Blatt (Samstagsausgabe).
Das NRW-Innenministerium hat bisher immer behauptet, es habe 2016 nicht genug Informationen gegen Amri besessen, um ihn in Abschiebehaft zu nehmen. Denn der Generalbundesanwalt habe seinerzeit Informationen über Amri nicht herausgeben können. Jetzt schildert Generalbundesanwalt Frank in einem Brief an Sven Wolf (SPD), den Vorsitzenden des Amri-Untersuchungsausschusses in Düsseldorf, folgenden Ablauf: Nach dem Anschlag schrieb das NRW-Innenministerium ans Landeskriminalamt, es benötige eine Aussage darüber, dass die Erkenntnisse aus einem bestimmten Ermittlungsverfahren gegen die islamistische Szene seinerzeit nicht gefahrlos hätten offengelegt werden können, um einen Abschiebehaftbefehl gegen Amri zu unterfüttern. Das Landeskriminalamt formulierte die vom Ministerium gewünschte Aussage und unterbreitete den Textvorschlag einem Mitarbeiter des Generalbundesanwalts, der ihn absegnete, schreibt die Zeitung weiter. Generalbundesanwalt Frank schreibt dazu, es stimme zwar, dass damals eine Offenlegung von Informationen über fünf Beschuldigte eines bestimmten Ermittlungsverfahrens nicht möglich gewesen sei. Das habe aber nicht Anis Amri betroffen. Vielmehr habe seine Behörde schon im März 2016 die Freigabe von Erkenntnissen über Amri in Aussicht gestellt. Es sei aber auch nach Amris vorläufiger Festnahme im Juli 2016 niemand an seine Behörde herangetreten. Das seinerzeitige Schreiben des Generalbundesanwalts, das NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) offenbar als »Persilschein« diente, lag auch dem juristischen Gutachter Bernhard Kretschmer vor, der den Fall Amri im Auftrag der Landesregierung untersucht hatte und zu dem Ergebnis gekommen war, eine Inhaftierung Amris sei nicht möglich gewesen, weil der Generalbundesanwalt die dafür notwendigen Erkenntnisse »nicht für aufenthaltsrechtliche Maßnahmen freigegeben« habe.
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