Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Finanzpolitik in NRW
Bielefeld (ots)
Für NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wird es ernst. Gut 100 Tage nach der gewonnenen Wahl geht es ums Geld - die Einbringung des Nachtragshaushalts 2017 steht an. Nach einem Regierungswechsel ist das der Moment der Schlussabrechnung. Dieses eine Mal noch hätte die neue schwarz-gelbe Koalition die Chance, der alten rot-grünen Regierung die Verantwortung in die Schuhe zu schieben. Die Rede ist dann ganz gern mal vom »großen Kassensturz«. Für Laschet und FDP-Chef Christian Lindner ist die Sache allerdings heikel. Schließlich beruhte ihr überraschender Erfolg vom 14. Mai auch auf dem Dauervorwurf an SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, verantwortungslos mit dem Steuergeld der Bürger umzugehen. Regelmäßig machte dabei das böse Wort von der »Schuldenkönigin« die Runde. Da war es schon blöd für Christdemokraten und Liberale, dass es SPD-Finanzminister Norbert Walter-Borjans gelungen war, 2016 mit einem kleinen Haushaltsplus von 217 Millionen Euro abzuschließen - wenn auch nur aufgrund von Sondereffekten. Für 2017 jedoch hatten SPD und Grüne wieder mit einer Neuverschuldung von bis zu 1,6 Milliarden Euro kalkuliert, was CDU und FDP den gesamten Wahlkampf über zu heftigen Attacken nutzten. Nun stellt sich für Schwarz-Gelb die Gretchenfrage: Macht man es sich jetzt leicht und nutzt - ganz oder zumindest teilweise - den Verschuldungskorridor der Vorgängerregierung? Oder nimmt man den eigenen Anspruch ernst und kommt ohne neue Schulden aus? Auf die Antwort dürfte man nicht nur in Düsseldorf, sondern auch im wahlkampfumtosten Berlin gespannt sein. So oder so ist Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) gefordert - zum Koalitionsausschuss morgen soll ein Zahlengerüst vorliegen, bereits eine Woche später will das Kabinett den Entwurf absegnen. Und es geht ohne Pause weiter, denn auch die Aufstellung des Haushalts 2018 duldet keinen Aufschub. Nach der geltenden Rechtsprechung muss der Haushalt bis zum Ende des Vorjahres verabschiedet sein. Knackpunkt in beiden Fällen: CDU und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag zahlreiche teure Versprechen gemacht. Allein das Rettungspaket für die freien Träger der Kindertageseinrichtungen dürfte für 2017 und 2018 insgesamt circa 1,5 Milliarden Euro kosten. Gelingt es Schwarz-Gelb aber nicht, die eigenen Projekte mit einer grundsoliden Haushalts- und Finanzpolitik in Einklang zu bringen - Wolfgang Schäuble lässt schön grüßen -, droht der Regierung Laschet früh ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. CDU und FDP selbst haben die Latte einst sehr hoch gelegt. Jetzt müssen sie ihren vollmundigen Worten auch die richtigen Taten folgen lassen.
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