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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT(Bielefeld) zur Flüchtlingsrettung im Mittelmeer

Bielefeld (ots)

Die Rettung der beiden Deutschen war spektakulär. Ihre Segelyacht stand im Atlantik 800 Kilometer östlich von Florida in Flammen. Vater und Sohn setzten einen Notruf ab und sprangen verletzt in ihre Rettungsinsel. Die US Air Force schickte ein Flugzeug mit Fallschirmspringern, die sich um die Schiffbrüchigen kümmerten. Dann flogen zwei Hubschrauber samt Tankflugzeug hinterher, um Retter und Gerettete in die USA zu bringen. Etwa 80 Helfer waren beteiligt. Eine Abordnung wurde im Januar von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) in Hamburg mit der Seenotrettungsmedaille in Gold ausgezeichnet - sie war seit 20 Jahren nicht mehr verliehen worden. Warum erwähne ich diese Geschichte? Weil deutsche Politiker in diesen Tagen Seenotretter kriminalisieren. Nein, nicht die professionellen Helfer. Aber die Männer und Frauen privater Organisationen, die im Mittelmeer Flüchtlinge an Bord nehmen, und deren Kapitäne sich Vorwürfen und Ermittlungen ausgesetzt sehen. Gibt es also Ertrinkende und Retter erster und zweiter Klasse? In der Wahrnehmung von Menschen wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) schon. Trotz der Bereitschaft einiger Bundesländer lehnte er es vergangene Woche ab, Gerettete von der »Lifeline« nach Deutschland zu holen. Man dürfe keinen Präzedenzfall schaffen, sagte er, die Crew müsse zur Rechenschaft gezogen werden. Trotz vieler im Mittelmeer Ertrinkender sprach Seehofer von einem »Shuttle« zwischen Libyen und Südeuropa - und sein Unionskollege, der CDU-Abgeordnete Thorsten Frei, von »sogenannten Lebensrettern«. Schiffbrüchige müssten gerettet werden, hätten aber keinen Anspruch, an ein europäisches Ufer gebracht zu werden, meint Frei. Darüber kann man streiten. Denn das SOLAS-Abkommen über die Sicherheit von Menschen auf See schreibt vor, dass Schiffbrüchige nur an einem sicheren Ort abgesetzt werden dürfen. Sicher ist laut der Richtlinien ein Ort, an dem das Leben nicht in Gefahr ist und es Essen, eine Unterkunft und ärztliche Versorgung gibt. Welches nordafrikanische Land stellt das sicher? Schon immer wird alles Erdenkliche unternommen, um Menschen zu retten - seien es verschüttete Bergleute, vermisste Bergsteiger oder ertrinkende Seemänner. Dieser humanitäre Konsens darf nicht über Bord geworfen werden, weil Menschen in Seenot Flüchtlinge sind. Zu Recht hat niemand den deutschen Seglern den Vorwurf gemacht, durch ihre Reise eine riesige, teure Rettungsaktion ausgelöst zu haben. Dabei waren sie nur zum Spaß auf dem Meer. Flüchtlinge sind es nicht.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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