Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur AfD-Anzeige gegen das Theater Paderborn
Bielefeld (ots)
Die Paderborner Theaterintendantin Katharina Kreuzhage ist bekannt für ihre ambitionierten, stets kritischen und bisweilen auch provokanten Positionen, die sie selbstbewusst auch in ihren Spielplänen und Inszenierungen vertritt. Dass sie damit jetzt bei der Partei angeeckt ist, deren Spitzenvertreter selbst gern und wiederholt bedenkenlos austeilen und dabei bewusst Schranken durchbrechen, spricht zunächst einmal für eine wirkungsvolle Taktik bei sonstiger Waffengleichheit. Auf einen groben Klotz gehört eben ein spitzer Keil. Die Intendantin hat in ihrem Spielzeitheft zur Inszenierung des Max-Frisch-Klassikers »Andorra«, der das Thema Fremdenfeindlichkeit thematisiert, Parallelen zwischen der NSDAP und der AfD angedeutet. In Zeiten, in denen die extremen Nationalisten in steigender Zahl Wählerstimmen gewinnen, wachse die Bereitschaft zu antisemitischer Gewalt in der Gesellschaft. Nicht mehr, aber auch nicht weniger bringt die von der AfD angefochtene Grafik zum Ausdruck. Trotzdem hat die Theaterchefin der Sache damit auch einen Bärendienst erwiesen. Die so herausgeforderte und mit kalkulierter Empörung vorgebrachte Reaktion der Partei, deren Spitzenvertreter Hitler und die Nazis - und damit zwangsläufig auch den Holocaust - als einen »Vogelschiss der Geschichte« verniedlichen, verhilft der AfD zu unnötiger Aufmerksamkeit und der schwer widerlegbaren Aussage, mit den Gräueltaten der Nationalsozialisten nichts zu tun zu haben. Nicht wenige Wähler werden die Partei in dieser Frage in der Opferrolle sehen. Das allein macht die Grafik fragwürdig. Das Paderborner Theater wird darauf verweisen können, in der Skizze lediglich Fakten aufgelistet zu haben, ohne Schuldzuweisungen ausgesprochen zu haben. Trotzdem werden hier natürlich unterschwellig Beziehungen hergestellt, deren Berechtigung die AfD empört zurückweist. Katharina Kreuzhage sieht sich mit dem Verweis auf die Freiheit der Kunst dennoch auf der sicheren Seite - ein hohes Gut, auf das sich jüngst erst der Erdogan-Kritiker Jan Böhmermann berufen konnte. Ob diese Freiheit im konkreten Fall zu weit ausgelegt worden ist, werden nun die Juristen zu entscheiden haben.
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