Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur neuen Seidenstraße
Bielefeld (ots)
Vorhang auf zum Pekinger Staatstheater. Gezeigt wird das Projektstück »Die Seidenstraße«. Die Kostümbildner setzen voll auf Prunk. In der Hauptrolle: natürlich der chinesische Präsident Xi Jinping. Wladimir Putin nutzt seinen Auftritt als wichtigster Nebendarsteller, um Stimmung gegen den Hauptfeind USA zu machen. Ein paar Schurken spielen auch mit, doch werden sie auf der Bühne nicht so genannt. Sonderapplaus gibt es vor Ort für Italien, weil es aus der Phalanx der skeptischen Europäer ausgeschert ist. Noch ahnt Rom nicht, dass ihm vielleicht nur die Rolle des »nützlichen Idioten« zugedacht wurde. Überhaupt verbergen sich hinter dem glanzvollen Theaterstück handfeste wirtschaftliche, vor allem aber politische Interessen. China nutzt seine Rolle als Hauptdarsteller der Seidenstraße, um andere von sich abhängig zu machen. Das Prinzip ist einfach und im Übrigen in der Kolonial- und Nachkolonialzeit auch vom Westen angewandt worden: Infrastrukturmaßnahmen, die vielleicht dem Land, in erster Linie aber China nützen, werden mit chinesischem Kapital und von chinesischen Arbeitskräften errichtet. Das Geld ist allerdings nur vorgestreckt und muss später zurückgezahlt werden - gut verzinst auch mit politischem Wohlwollen. Vor der Seidenstraße hat China nach diesem Prinzip schon große Teile Afrikas zu »Partnern« gemacht. Undankbar ist die Rolle des deutschen Wirtschaftsministers Peter Altmaier (CDU). Seine angekündigte nationale Industriepolitik sollte im »Land des Lächelns« normalerweise Stirnrunzeln hervorrufen. Doch Peking hat natürlich schon vernommen, dass Altmaier dafür in Deutschland heftig kritisiert wird. Außerdem sind die Interessen chinesischer und deutscher Unternehmen heute so eng miteinander verwoben, dass die Fäden nicht ohne riesigen Schaden zu entflechten wären. Zur Erinnerung: Christoph Kolumbus hat, als er eine Alternative zu den Fernhandelswegen nach Asien suchte, Amerika entdeckt. Das Gleiche könnte Europa erneut passieren. Voraussetzung wäre allerdings ein Präsidentenwechsel in den USA. Eine Partnerschaft, die ein gewisses Gegengewicht zum Seidenstraßen-Projekt Chinas sein könnte, gelingt nur mit verlässlichen Spielern - pardon: Staatsführern
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