Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur CDU im Osten
Bielefeld (ots)
Die Relevanz der anstehenden Landtagswahlen im Osten wird zwar überall betont, sie scheint sich aber noch nicht bis ins Konrad-Adenauer-Haus oder ins Verteidigungsministerium herumgesprochen zu haben. Jedenfalls nicht bis zu Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Öko-Offensive der CDU-Vorsitzenden kommt für die Parteifreunde in Sachsen und Brandenburg zur Unzeit. Auf die Idee, die CDU drei Wochen vor den wichtigen Abstimmungen in diesen beiden Bundesländern auf Klimakurs zu trimmen, muss man erstmal kommen. Michael Kretschmer wird sich kaum bedankt haben für die neue Strategie aus der Parteizentrale - und für den Zeitpunkt der Veröffentlichung. Sachsens Ministerpräsident konnte zuletzt gegenüber der AfD etwas zulegen, der Vorsprung betrug drei Prozentpunkte (28 zu 25). In Dresden heißt es, dass Kretschmers Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin der Grund dafür sei. Denn die Russland-Sanktionen werden in der ehemaligen DDR anders beurteilt als im Westen. Unterschiede gibt es auch beim Klimaschutz. Die Arbeitsplätze im Braunkohletagebau sind den meisten Leuten wichtiger als abstrakte CO2-Ziele. »Die Union muss aufhören, den Grünen hinterherzulaufen. Sonst steht sie plötzlich an einer Stelle, wo sie nicht hingehört«, sagte Kretschmer unlängst. Und zum geplanten Klimaschutzpaket der Großen Koalition meinte er: »Die Bundesregierung ist gerade dabei, den Leuten Angst zu machen.« Kretschmer weiß: Je schwächer die CDU abschneidet, desto schwieriger wird die Regierungsbildung in Sachsen. Gegen ihn kann keine Koalition geschmiedet werden. Aber Schwarz-Grün-Rot wäre ein Bündnis, das die AfD noch stärker machen würde - zulasten der CDU, deren Wähler solch eine Konstellation nicht wollen. Daher spricht einiges für eine CDU-Minderheitsregierung. Dass die Parteiführung in Berlin keine Rücksicht auf die Wahlkämpfe im Osten nimmt, ist ein starkes Stück und wird vereinzelt schon als Bereitschaft der CDU gewertet, die fünf gar nicht mehr so neuen Bundesländer zu vernachlässigen und sich wieder mehr als West-Partei zu sehen. Dieser Kurs wäre riskant, weil die Umarmung des grünen Milieus in den Städten viele CDU-Wähler im ländlichen Raum abschreckt. Eine Volkspartei muss für alle da sein wollen. Egal wo.
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