Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu der Nazi-Demonstration in Bielefeld
Bielefeld (ots)
Vor einem Jahr waren schon einmal Nazis durch Bielefeld gezogen. Der Tag hatte ein Nachspiel im Landtag, denn die 10.000 Gegendemonstranten fühlten sich von der Polizei behindert. Diesen Vorwurf wird es diesmal wohl nicht geben. Den fast 1500 Polizisten gelang es, die Rede- und Versammlungsfreiheit beider Lager zu garantieren und gewaltsame Konfrontationen zu verhindern. Mit 14.000 Menschen hatten die Gegendemonstranten am Samstag eine auch von ihnen nicht erwartete Menge mobilisiert. Der Mord an Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke und der Anschlag in Halle mögen dazu beigetragen haben, ein breites Spektrum von Demonstranten auf die Straße zu bringen. Natürlich gefiel es vielen dieser Menschen nicht, dass die Polizei an neuralgischen Punkten vorsorglich Wasserwerfer gegen sie in Stellung gebrachte hatte. Aber die Polizei hatte nunmal Hinweise auf Straftaten von Linksextremisten. Und die schweren, gepanzerten Wasserwerfer lassen sich nicht so leicht und gefahrlos manövrieren, als dass man sie erst im Moment einer Gefahr hätte in Stellung bringen können. Der Marsch der Nazis durch Bielefeld diente diesen vor allem dazu, Propagandafotos und Videos zu produzieren, die sie nun verbreiten werden. Den Versuch, inhaltlich etwas rüberzubringen, unternahmen die Rechten erst gar nicht. Es war ein »closed shop« vor dem Bielefelder Landgericht. Wie in einer Wagenburg standen die Nazis im Kreis und lauschten ihren Rednern. Reporter, die mitschreiben oder fotografieren wollten, wurden abgedrängt. Nein, es ging nicht darum, rechtsradikale Gedanken unters Volk zu bringen. Es ging darum, sich zu feiern und andere zu provozieren. Dass sich die Provokation im Rahmen hielt und etwa kein Hitlergruß zu sehen war, ist auch der Null-Toleranz-Strategie der Polizei zu verdanken. Mit ihrer Verfügung, die den Rahmen für die Kundgebung vorgab, stellte sie klar, welche Parolen sie für verboten hält - und ging mit ihrer Liste über das hinaus, was Verwaltungsgerichte gemeinhin als verbotswürdig einstufen. Der 9. November 2019 war kein guter Tag für Bielefeld. Gegendemonstranten und Polizisten haben aber dafür gesorgt, dass es kein schwarzer Tag wurde.
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