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Im NetzDG bewährt - im DSA verfehlt
Selbstregulierung fördert die rechtssichere Löschpraxis von Hass und Hetze im Netz

Berlin (ots)

Ebenso wie im analogen öffentlichen Raum haben Hass und Hetze im Internet nichts zu suchen. Strafbare Inhalte im Netz und damit verbunden auch Beschwerden von Nutzerinnen und Nutzern wird es aber auch nach der für das Jahresende 2023 erwarteten Aufhebung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) geben. Zu einer rechtssicheren Löschpraxis bei neuen oder umstrittenen Rechtsfragen haben bisher Mechanismen der Regulierten Selbstregulierung nach NetzDG, wie sie die FSM etabliert hat, beigetragen. Leider wurde es von der Politik versäumt, diese im nachfolgenden Digital Services Act (DSA) zu verankern und somit die positiven Erfahrungen der FSM mit dem Modell nach Europa zu tragen.

6 Qualitätsmerkmale der Regulierten Selbstregulierung für eine rechtssichere Löschpraxis von Hass und Hetze im Netz:

  1. Die Einbeziehung unabhängiger Expertinnen und Experten ist eine wichtige Ergänzung der internen Arbeit von Plattformbetreibern.
  2. Bei rechtlich schwer zu bewertenden Fällen schaffen Mechanismen der Regulierten Selbstregulierung einen wertvollen Orientierungsrahmen.
  3. Die Aktualität der geprüften Fälle und die transparente Veröffentlichung der Entscheidungen geben Einblicke in neue Phänomene von Hassrede und deren rechtliche Bewertung.
  4. Die externe Prüfung von Inhalten kann helfen, Overblocking zu vermeiden.
  5. Etablierte Prüfungsmechanismen ermöglichen schnelle Abhilfe für Betroffene.
  6. Die rechtliche Privilegierung gibt Plattformen Rechtssicherheit beim Mitwirken in der Regulierten Selbstregulierung.

Mehr zu den sechs Qualitätsmerkmalen finden Sie in unserem Factsheet zur staatlich anerkannten Regulierte Selbstregulierung.

Mit kurzem Vorlauf hat die FSM im Jahr 2020 Selbstkontrollmechanismen für NetzDG-Fälle aufgebaut. Hier profitierte sie von ihrer langjährigen Tätigkeit als etablierte und anerkannte Selbstkontrolleinrichtung im Jugendmedienschutz. Im Januar 2020 wurde die FSM entsprechend vom Bundesamt für Justiz (BfJ) als erste und einzige Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung nach NetzDG anerkannt. Plattformanbieter überweisen seitdem vor allem besonders schwer zu bewertende Fälle zur Prüfung an die FSM. Bis Ende Mai 2023 hat das FSM-Prüfgremium 224 Fälle aus sozialen Netzwerken auf Rechtswidrigkeit geprüft.

Mit einem breiten Netzwerk an Expertinnen und Experten konnte die FSM das NetzDG mit Leben füllen sowie schnelle und fundierte Entscheidungen herbeiführen. "Die Einbeziehung von spezialisierten Anwältinnen und Anwälten in den NetzDG-Prüfausschüssen war einmalig und erfolgreich. Neben der Aktualität der Entscheidungen hat das FSM-Prüfgremium so auch die Unabhängigkeit von staatlichen Strukturen und Plattformanbietern garantiert.", weiß die Rechtsanwältin Dr. Yvonne Kleinke (Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum & Medien im Deutschen Anwalt Verein und NetzDG-Prüferin).

Auch FSM-Geschäftsführer Martin Drechsler betont: "Die Arbeit der FSM und das Konzept der Regulierten Selbstregulierung haben sich im Kampf gegen Hassrede im Internet bewährt. Der gewonnene Erfahrungsschatz sollte für zukünftige Mechanismen im Bereich der Inhalte-Regulierung wegweisend sein."

Plattformbetreiber signalisierten Bedarf an unabhängiger Expertise

Von Unternehmen wurde das Angebot der FSM positiv wahrgenommen. Das Angebot in Anspruch genommen haben die Plattformen Facebook, Instagram und YouTube. Die Anzahl der weitergeleiteten Beschwerden von Plattformbetreibern an die FSM stieg von 2020 bis 2022 kontinuierlich an (2020: 13 Fälle, 2021: 72 Fälle, 2022: 98 Fälle). Inhalte, die von den NetzDG-Prüfausschüssen als rechtswidrig bewertet wurden, wurden von den Anbietern entfernt.

NetzDG-Prüfausschüsse am Puls der Zeit

Ob Corona-Pandemie, der Krieg gegen die Ukraine oder Beleidigungen gegenüber Politikerinnen und Politikern: Das FSM-Prüfgremium beschäftigte sich mit besonders umstrittenen und gesellschaftlich relevanten Inhalten, bevor diese gerichtlich entschieden oder von der Fachöffentlichkeit diskutiert wurden. Insbesondere bei Phänomenen, für die die Plattformen noch keine oder noch unzureichende interne Bewertungskriterien hatten, ermöglichte die Expertise der Prüferinnen und Prüfer einen Orientierungsrahmen. So wirken die Entscheidungen der NetzDG-Prüfausschüsse auch über die tatsächlich geprüften Fälle hinaus. Als Leitlinien können sie die Qualität und Geschwindigkeit der internen Entscheidungen von Plattformen steigern.

Bei den seit 2020 geprüften Fällen handelte es sich vor allem um Hass und Hetze gegenüber einzelnen Personen sowie Personengruppen. Bei diesen vier Straftatbeständen hatten die Plattformbetreiber den meisten Prüfbedarf:

  1. § 185 StGB: Beleidigung (102 Fälle)
  2. § 130 StGB: Volksverhetzung (71 Fälle)
  3. § 186 StGB: Üble Nachrede (66 Fälle)
  4. § 86a StGB: Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen (46 Fälle)

Inhalte oft als nicht rechtswidrig bewertet

In nur 38 Prozent der geprüften Fälle bewerteten die von der FSM beauftragten Prüferinnen und Prüfer die gemeldeten Online-Inhalte als rechtswidrig. Für die Mehrheit der von den Plattformen an die FSM weitergeleiteten Fälle ergab sich somit keine rechtliche Pflicht zur Löschung. Die mit der Prüfung verbundene Rechtssicherheit kann somit als hilfreiches Mittel gegen sonst bestehende Anreize des Overblockings, also das vorschnelle Entfernen von Inhalten, gewertet werden.

Die Entscheidungen und juristischen Begründung der NetzDG-Prüfausschüsse wurden detailliert festgehalten und sind in anonymisierter Form online zu finden: https://www.fsm.de/fsm/netzdg/#netzdg-entscheidungen

Die Veröffentlichung der Entscheidungen bietet damit mehr Transparenz als z.B. das Modell der außergerichtlichen Streitbeilegung nach DSA.

Ausblick auf das Digitale-Dienste-Gesetz

Als Selbstkontrolleinrichtung nach NetzDG konnte die FSM wichtige Schnittstellen zwischen Unternehmen, Behörden und Politik bedienen. Mit dem Digitale-Dienste-Gesetz zur Durchführung des DSA wird das NetzDG aufgehoben werden. Die FSM wird ihre Arbeit in diesem Bereich deshalb Ende Juni 2023 einstellen. Zwar können sich Plattformanbieter bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Inhalten auch nach der neuen Rechtslage an Dritte wie die FSM wenden, jedoch ist diese Möglichkeit nicht ausdrücklich im Gesetz verankert und bietet daher nicht die gleiche Art von Rechtssicherheit oder Privilegierung.

Über die FSM

Die FSM setzt sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche mit einem sicheren und besseren Internet aufwachsen können. Dabei ist die Bekämpfung illegaler und jugendgefährdender Online-Inhalte eine der Kernaufgaben der FSM, ebenso wie die umfangreiche Aufklärungsarbeit und Medienkompetenzförderung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Dazu betreibt die FSM seit 1997 eine Beschwerdestelle, an die sich alle wenden können, um jugendgefährdende Online-Inhalte zu melden. Die FSM-Beschwerdestelle wird unter dem Dach von Saferinternet.de von der Europäischen Union gefördert und ist außerdem Teil der International Association of Internet Hotlines (INHOPE) - einem weltweiten Netzwerk, das sich seit 1999 für die Bekämpfung von Darstellungen des sexuellen Kindesmissbrauchs einsetzt.

Pressekontakt:

FSM e.V., Leontine Päßler, Beuthstr. 6, 10117 Berlin;
Tel.: 030 24 04 84 - 43, paessler@fsm.de
www.fsm.de, Twitter: @FSM_de, Facebook: www.facebook.com/fsm.de

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