Führender Infektiologe: Corona-Lage "brandgefährlich" Kölner Wissenschaftler Gerd Fätkenheuer: Erneuter starker Anstieg wäre Ausdruck von Unvermögen im Umgang mit der Pandemie
Köln (ots)
Köln. Der Infektiologe Gerd Fätkenheuer hält den jüngsten Anstieg der Corona-Zahlen für eine "brandgefährliche" Entwicklung. Als großen Risikofaktor bezeichnete der Wissenschaftler von der Uniklinik Köln das, "was sich derzeit in den Köpfen abspielt". Die Menschen fühlten sich heute viel sicherer als noch vor einem Vierteljahr. "Mit dem starken Rückgang der Zahlen werden die Gefahren, die nach wie vor von dem Virus ausgehen, nicht mehr in gebührendem Maße wahrgenommen", sagte Fätkenheuer dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwoch-Ausgabe). Bei konsequenter Beachtung aller Schutzvorkehrungen sei es nach wie vor möglich, das Infektionsgeschehen im Griff zu behalten. "Ein erneuter starker Anstieg wäre nicht schicksalhaft, sondern Ausdruck unseres ungenügenden Umgangs mit der Pandemie." Fätkenheuer lobte in diesem Zusammenhang die Einführung einer Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten. Aus medizinischer Sicht sei diese "völlig richtig".
Die Rede von einer "zweiten Welle" lehnte Fätkenheuer, der wesentlich an der Entwicklung des Covid-19-Medikaments Remdesivir mitgearbeitet hat, ab. "Das Wort Welle klingt nach etwas Schicksalhaftem, dem wir vielleicht entfliehen, das wir aber nicht beeinflussen können." Das treffe auf die derzeitige Situation nicht mehr zu. "Die Pandemie kommt nicht zurück, sie ist da. Wir waren und sind in ein und derselben Pandemie, die wir mal besser, mal schlechter im Griff haben. Die Gefahr jedenfalls ist definitiv da. Und wir müssen sehr aufpassen, dass wir nicht spätestens nach dem Ende des Sommers mit sinkenden Temperaturen und der Verlagerung des sozialen Lebens in geschlossene Räumlichkeiten in eine Situation hineinlaufen, die schlimmer ist als im März und April", so Fätkenheuer weiter.
"Wenn man die Dinge laufen lässt, wird die Lage unbeherrschbar." Das sei die bittere Lehre und zugleich die dringende Warnung aus dem Vergleich mit den USA. "Wir haben viel erreicht, aber wir können das Erreichte und unseren Vorsprung auch verspielen. Und dann wird es extrem schwer werden, gegenzusteuern. Auch das sieht man besonders gut in den USA."
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