Neue Presse Hannover: Absurdes Theater. Kommentar von Bodo Krüger
Hannover (ots)
Nehmen wir mal Bertolt Brecht. Der Dichter BB musste einst eine gewisse "Laxheit in Fragen geistigen Eigentums" gestehen. Er hatte in seiner "Dreigroschenoper" Verse des französischen Kollegen François Villon benutzt - und die Fußnoten vergessen. Ein Skandal der Weimarer Republik. Nun also Karl-Theodor zu Guttenberg. Der Minister KT wird seinen Doktortitel vorerst nicht mehr tragen. Wegen der Fußnoten in seiner Dissertation. Er hat offenbar abgeschrieben, ohne die Quellen kenntlich zu machen. "Ein paar Fehler", nennt das zu Guttenberg. Und provoziert damit höchste mediale Erregung. Wohl selten ist eine wissenschaftliche Arbeit in Deutschland so engagiert debattiert worden. Plagiatsforscher machen sich im Internet auf die Pirsch. Politiker schäumen. Und die Zeitungskommentatoren ereifern sich. Fordern entweder den Rücktritt des Ministers. Oder stellen sich schützend vor ihn ("Scheiß auf den Doktor") wie Bild-Autor Franz-Josef Wagner. Was für ein absurdes Theater. Gestern, am Tag, als in den Fernsehnachrichten Guttenbergs Stellungnahme als Endlosschleife lief, starben in Afghanistan zwei deutsche Soldaten. Acht weitere wurden verletzt. Damit muss sich ein deutscher Verteidigungsminister beschäftigen. Nicht mit akademischen Fußnoten. Leider funktionieren Politik und Medien in diesem Land etwas anders. Weshalb zu Guttenbergs Zukunft schwer zu kalkulieren ist. Aber vielleicht geht es KT ja auch wie einst BB. Brecht wurde nach der "Dreigroschenoper" zum erfolgreichsten Bühnenautor in Deutschland.
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