Neue Presse Hannover: Schmidt kann es noch immer Kommentar von Claus Lingenauber
Hannover (ots)
Auch wenn er mittlerweile im Rollstuhl sitzt, Helmut Schmidt zeigt auch mit 92 Jahren noch, dass er es kann. Seine Rede auf dem SPD-Parteitag hinterließ nicht nur bei den Delegierten das, was man allgemein Orientierung nennt - und was die derzeitige Bundesregierung seit Jahren so schmerzhaft vermissen lässt.
Schmidt versteht es wie kaum ein zweiter, geschichtliche Zusammenhänge und historische Verantwortung zur Grundlage politischer Entscheidungsprozesse zu machen. Eine solche Rede würde man sich angesichts der Euro-Krise von der Kanzlerin wünschen, doch von Merkel kam bisher leider noch keine große Idee. Bei ihr wird Regierungshandeln nicht hergeleitet und erklärt, sondern bestenfalls als alternativlos bezeichnet. Geboten wird Europapolitik auf kleinster Flamme, die Kanzlerin präsentiert sich meist als deutsche Sparkassen-Filialleiterin.
Kein Wunder, dass Schmidt ihre Politik scharf kritisiert. Der Auftritt hat durchaus Symbolgehalt: Zuletzt war der Altkanzler 1998 auf einem SPD-Parteitag aufgetreten, also just in jenem Jahr, als SPD-Mann Schröder zum Kanzler gewählt wurde. Und auch wenn noch unklar ist, wer gegen Merkel antreten wird, rechnet sich die SPD für 2013 gute Chancen aus, zusammen mit den Grünen Schwarz-Gelb abzulösen. Übermut aber wäre fehl am Platze. Denn noch immer liegt Merkel in Umfragen vor den möglichen SPD-Kandidaten Steinmeier, Steinbrück und Gabriel. Und keiner der Drei hat die Genossen so begeistert wie Schmidt.
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