Kolumbien: Caritas begrüßt Friedensvertrag, sieht aber Grund zur Sorge
Freiburg (ots)
"Wackliger Frieden mit vielen Fragezeichen" - Ungerechte Landverteilung birgt weiterhin sozialen Sprengstoff - Zentrale Rolle der katholischen Kirche bei Versöhnung
Als historischen Schritt begrüßt Caritas international die Einigung auf das Friedensabkommen zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-Guerilla. "Das Abkommen ist ein entscheidender Moment in der kolumbianischen Geschichte. Aber es handelt sich um einen wackligen Frieden mit vielen Fragezeichen. Die wichtigste Frage lautet: Wie werden sich die anderen militärischen Gruppen wie die Paramilitärs und die ELN-Guerilla verhalten, mit denen bislang kein Friedensabkommen geschlossen wurde", so Claudio Moser, Referatsleiter Lateinamerika bei Caritas international. In einigen Regionen, aus denen die FARC sich zurückzieht, beobachtet die Caritas bereits einen Machtkampf zwischen rivalisierenden bewaffneten Gruppen.
Die Vertragsunterzeichnung ist für den September geplant. Am 2. Oktober soll das kolumbianische Volk über das Abkommen in einem Plebiszit abstimmen. Caritas international, das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, sieht den Friedensvertrag als Beginn des Friedensprozesses, nicht als dessen Ende: "Es liegen noch sehr große Herausforderungen vor uns", betont Lateinamerika-Experte Claudio Moser. Das zentrale Hindernis für einen dauerhaften Frieden sei die starke Konzentration des Landesbesitzes in Kolumbien. "Um die Konflikte der Vergangenheit zu lösen, muss in der Gegenwart das Land gerechter verteilt werden. Es ist deshalb folgerichtig, dass im Friedensabkommen die integrale Landreform an erster Stelle genannt ist", so Moser.
65 Prozent der kolumbianischen Landbevölkerung sind arm. In weiten Teilen Kolumbiens sei der Staat zudem nicht präsent, so dass der Friedensprozess staatlicherseits nicht adäquat begleitet werden könne und gewalttätige Übergriffe auf die Zivilbevölkerung durch rivalisierende bewaffnete Gruppen zu befürchten seien. Auf die katholische Kirche mit ihrer flächendeckenden Präsenz im Land komme dabei große Verantwortung zu. "Die Glaubwürdigkeit des Friedensprozesses hängt davon ab, wie das Unrecht der Vergangenheit aufgearbeitet wird und die Opfer in der Zukunft für entstandenes Leid entschädigt werden."
Während des seit 52 Jahren andauernden Bürgerkrieges sind in Kolumbien mehr als 250.000 Menschen ums Leben gekommen, gut sechs Millionen Kolumbianer mussten innerhalb des Landes fliehen. Caritas international unterstützt kolumbianische Gewaltopfer dort seit 15 Jahren. Schwerpunkte sind die Versorgung von Geflüchteten mit Hilfsgütern, der Schutz der Zivilbevölkerung und die Sicherung ihrer Grundrechte sowie Projekte der Friedensförderung und der Aufbau von Strategien zur Konfliktlösung.
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