EU-Gericht verhandelt Klage gegen E.ON-RWE-Deal
Luxemburg (ots)
Das Gericht der Europäischen Union hat für den 15. bis 17. Juni drei mündliche Verhandlungstage für Klagen gegen den E.ON-RWE-Deal angesetzt. Elf Energieversorger hatten im Mai 2020 Nichtigkeitsklagen gegen die Freigabe des Deals durch die EU-Kommission eingereicht. Anlässlich der Verhandlung warnen über 30 Unternehmen und Organisationen der Initiative #wirspielennichtmit: Die einvernehmliche Aufteilung von Einflusssphären zwischen den beiden Großkonzernen gefährdet den fairen Wettbewerb im Energiemarkt.
Die Ansetzung von vollen drei Verhandlungstagen sowie die Besetzung der verhandelnden Kammer mit dem Maximum von fünf Richter:innen sieht Dr. Thomas E. Banning, Vorstandsvorsitzender der klagenden NATURSTROM AG, als wichtiges Zeichen: "Die Ansetzung lässt mich hoffen, dass das Gericht den vorgebrachten Argumenten gebührenden Raum geben möchte. Und das ist auch dringend nötig. Als Kind der Strommarktliberalisierung haben wir bei NATURSTROM auch die Wildwestjahre Anfang der 2000er mitgemacht. Ich warne eindringlich davor, den aktuell leidlich funktionierenden Wettbewerbsrahmen zu beschädigen, indem sich E.ON und RWE ungestört als Hegemon ihrer jeweiligen Einflusssphären etablieren können."
In einer der größten Transaktionen der deutschen Wirtschaftsgeschichte hatten E.ON und RWE die damalige RWE-Tochter Innogy zerschlagen und Geschäftsaktivitäten so untereinander getauscht, dass die Großkonzerne nicht mehr im Wettbewerb zueinander stehen. E.ON hat das Endkundengeschäft und den Netzbetrieb von Innogy übernommen, RWE behielt das Erzeugungsgeschäft von Innogy und erhielt zusätzlich die Erzeugungs-Assets von E.ON sowie eine Beteiligung am früheren Konkurrenten. Diese liegt derzeit bei rund 15 Prozent. Damit sind RWE in der Stromerzeugung und im Stromgroßhandel und E.ON im Netzbetrieb und der Kundenbelieferung die marktbeherrschenden Akteure geworden. Im Februar hatte das Bundeskartellamt in seinem Marktmachtbericht zur Stromerzeugung die marktbeherrschende Stellung von RWE im sogenannten Stromerstabsatzmarkt offiziell bestätigt.
Die Klagen, die nun vor dem EU-Gericht verhandelt werden, richten sich gegen den Freigabebeschluss der EU-Kommission zu genau jenem Teil des Deals, der diese marktbeherrschende Stellung erst ermöglicht hat: nämlich zur Übernahme des Kraftwerksparks und des Stromgroßhandels von E.ON durch RWE (Fall M.8871).
Die Kritik gegen den Megadeal zieht längst Kreise und geht weit über die elf klagenden Energieversorger hinaus. In der Initiative #wirspielennichtmit hat sich ein breites Bündnis aus Akteuren der Energiewirtschaft, der Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammengefunden. Neben den klagenden Unternehmen NATURSTROM AG und Eins Energie in Sachsen gehören dazu mehr als 30 Unternehmen, Verbände, Bürgerenergiegesellschaften und Vereine, darunter Green Planet Energy, EWS Schönau, Polarstern, die Bürgerwerke, die GLS Bank, der Grüner Strom Label e.V., der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft, der Bund der Energieverbraucher und der B.A.U.M. e. V. "Der Energiemarkt muss sich angesichts der aktuellen Herausforderungen massiv wandeln, und dafür braucht er Wettbewerb und Vielfalt", sagt die renommierte Energieökonomin Prof. Dr. Claudia Kemfert, die ebenfalls die Positionen des Bündnisses mitträgt. "Beides wird behindert durch Konzerne, die ihr Geschäftsmodell auf zentrale Großstrukturen ausrichten."
Nach Abschluss der mündlichen Verhandlung wird das Gericht die Argumente beider Seiten eingehend prüfen. Mit einem Urteil ist frühestens nach einigen Wochen zu rechnen.
Die elf klagenden Energieversorger hatten zudem im Februar 2021 Nichtigkeitsklagen gegen die Freigabe der Übernahme des Endkundengeschäfts und des Netzbetriebs von Innogy durch E.ON eingereicht. Für diese Klagen hat das EU-Gericht noch keine Verhandlung angesetzt.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website www.wir-spielen-nicht-mit.de
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