Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
"An der Tatsache, dass vom Umweltschutz in der Medizin alle profitieren, kann in Zukunft niemand vorbei gehen"
Freiburg (ots)
Prof. Dr. Franz Daschner zieht ein Jahr nach Verleihung des Deutschen Umweltpreises der DBU an ihn Bilanz - Kritik an seinen Kritikern
"Einen Vorteil hatte dieser Streit dann doch: noch mehr Kliniken, vor allem Öffentlichkeit und Patienten, sind ausführlich informiert worden, dass auch in der Krankenhaushygiene mehrere Wege nach Rom führen. Einer davon schont die Umwelt, die Patienten, das Personal in den Kliniken und spart auch noch Geld. Für diese hilfreiche Publicity bin ich meinen streitbaren Fachkollegen, die nach wie vor den desinfektionsmittelgetränkten Weg gehen wollen, sehr dankbar." - Dieses Fazit zog Prof. Dr. Franz Daschner, Direktor des Instituts für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Freiburg, ein Jahr nach der Verleihung des Deutschen Umweltpreises der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) an ihn und wenige Tage vor der Bekanntgabe der neuen Preisträger (19. September, Berlin). Mit dem Unternehmer Aloys Wobben hatte Daschner als "Krönung seines Lebenswerkes" von Bundespräsident Johannes Rau die Auszeichnung erhalten - und dafür neben viel Lob auch Kritik einiger Hygieniker und Hygiene-Fachgesellschaften geerntet.
In einem von der DBU im Internet veröffentlichten Interview betonte Daschner, dass er sehr dankbar sei, als erster Mediziner und Hygieniker mit dem Preis der DBU bedacht worden zu sein. Bis dahin sei es "außerordentlich schwierig" und "oft auch sehr frustrierend" gewesen, gerade in Deutschland eine umweltschonende und gleichzeitig kostensparende Krankenhaushygiene zu etablieren. In der Zwischenzeit werde selbst von führenden Fachmedien festgestellt, dass einige hundert deutsche Kliniken den umweltfreundlichen Hygieneempfehlungen aus Freiburg folgten. Daschner: "Offensichtlich nicht zum Nachteil der Patienten, aber sicher zum Vorteil der Umwelt."
Betroffen zeigte sich Daschner allerdings davon, dass im sogenannten Hygienikerstreit um den besten Weg der krankenhaushygienischen Versorgung der Patienten in Deutschland auch vor anonymen Anzeigen, Denunziationen und Journalistenbeeinflussungen nicht Halt gemacht worden sei.
Dabei lägen wissenschaftlich abgesicherte Ergebnisse vor. Nicht weniger als vier internationale Publikationen zeigten, dass routinemäßige Flächendesinfektion von Fußböden, Waschbecken, Duschen, Badewannen und Toiletten keinen Einfluss auf die Krankenhausinfektionsrate habe. Daschner: "Routinemäßige umweltschonende Reinigung genügt." In anderen Ländern wie den USA, Kanada, Australien, England, allen skandinavischen Ländern, Niederlande, Schweiz usw. werde aufgrund der Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Arbeiten schon lange keine routinemäßige Flächendesinfektion mehr durchgeführt.
Der Streit um die Interpretation dieser Erkenntnisse habe "wie immer im Leben" etwas mit Geld zu tun. Deutschland sei nach wie vor das "Desinfektionsmittelland Nummer 1 in der Welt". In der Liste der von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie geprüften Desinfektionsmittel seien nicht weniger als 454 Flächendesinfektionsmittel aufgeführt, andere Länder kämen mit fünf bis zehn solcher Mittel aus. Flächendesinfektion sei in Deutschland offensichtlich ein gutes Geschäft, auch für die Experten, die Desinfektionsmittel begutachteten.
Sorge um sein Wohlergehen im Krankenhaus müsse sich der "einfache Mann auf der Straße" aber auch angesichts dieses Wissenschaftsstreits nicht machen. Deutschland habe im internationalen Vergleich nach wie vor einen hohen Krankenhaushygienestandard. Die Gefahr, sich bei einem Krankenhausaufenthalt zu infizieren, liege bei nur 3,5 Prozent. Daschner: "Das ist nicht mehr und nicht weniger als in anderen europäischen und außereuropäischen Ländern."
Für den Umweltschutz im Krankenhaus werde aber "leider noch viel zu wenig" getan. Zurzeit stünden bei der Umstrukturierung des Gesundheitswesens in Deutschland vor allem organisatorische und ökonomische Probleme im Vordergrund. Daschner: "Im Moment hat jeder nur Geld im Kopf." Dass aber mit Umweltschutz auch sehr viel Geld gespart werden könne, habe sich noch viel zu wenig herumgesprochen. Gleichwohl werde sich die Erkenntnis in den nächsten Jahren mit Sicherheit durchsetzen, dass es zu einer umweltschonenden grünen Medizin überhaupt keine Alternative gebe. Operationssäle und Patientenzimmer in Zukunft mit Solarenergie zu kühlen und nicht mit Öl, Gas oder Strom, werde auch außerhalb Freiburgs keine Vision bleiben. Daschner: "An der Tatsache, dass vom Umweltschutz in der Medizin alle profitieren, die Patienten, die Ärzte, die Kassen und natürlich vor allem die Umwelt, kann in Zukunft niemand vorbeigehen."
Sein Traum sei es, das Aktionsprogramm der Bundesregierung "Umwelt und Gesundheit" mit mehr Geld ausgestattet zu sehen, "so dass es endlich und schnell in die Tat umgesetzt werden kann", Kliniken systematisches Umweltmanagement zu verordnen und für jede Klinik die Einstellung eines Ökologen zur Pflicht zu machen. Systematischer Umweltschutz in deutschen Kliniken könne den Umweltschutz in Deutschland nämlich generell "den größten Schritt nach vorn in den letzten 20 Jahren" machen lassen. Daschner: "Man muss wissen, dass in deutschen Kliniken nicht weniger als ca. 1,1 Millionen Menschen arbeiten. Daneben sind VW, Mercedes oder BASF geradezu mittelständische Betriebe."
Hinweis an die Redaktionen: Den Originalwortlaut des Interviews und Fotos von Prof. Dr. Franz Daschner finden Sie auf der Homepage der Stiftung unter www.dbu.de
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