Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Ein Fluss für "Neue Ufer" - Wasser marsch mit Umweltbildung
Leipzig (ots)
Ein trister Autoparkplatz und eine Wiese - mehr hatte die Fläche hinter dem Leipziger Wohnblock an der Grassisstraße auf den ersten Blick nicht zu bieten. Durch Rohre verdeckt floss dort seit den 50er Jahren aber auch das Wasser des Pleißemühlgrabens. Mit finanzieller Hilfe der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) konnte der Förderverein "Neue Ufer" in Kooperation mit der Stadt Leipzig nun nicht nur weitere 135 Meter des Flusses aus der Wölbleitung befreien und renaturieren: Die Vereinsmitglieder machten sich für Umweltbildung und -Kommunikation stark. In die Projektplanung schlossen sie Anwohner, Schüler und Studenten mit ein. Inmitten der Stadt entstanden mit hoher Bürgerbeteiligung ein grüner Flussabschnitt mit Fahrradwegen und ein Kinderspielplatz. "Wasser marsch" hieß es dort heute: DBU-Generalsekretär Dr. Fritz Brickwedde gab gemeinsam mit Leipzigs Oberbürgermeister Burghard Jung den Flussabschnitt der Öffentlichkeit und den Kindern die Wasserpumpe frei.
"Über 200 Schüler aus unterschiedlichen Schulen und zahlreiche Studenten der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur waren in Kursen und Arbeitsgruppen, Führungen und Wettbewerben aktiv und kreativ daran beteiligt, die Pleißeöffnung zu planen und durchzuführen", lobte Brickwedde. Dass sich der lange Atem über fast sechs Jahre gelohnt habe, beweise eine Studie der Uni Leipzig: "Drei Bürgerbefragungen haben gezeigt, dass die anfängliche Skepsis mancher Anwohner inzwischen einer positiven Beurteilung gewichen ist", betonte Brickwedde. Auch die im Projekt in Zusammenarbeit mit dem Umweltforschungszentrum Halle/Leipzig entwickelte Ausstellung "Wasser in Leipzig - Nutzen, Schützen und Erleben" habe einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Projektidee zu veranschaulichen und die Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu erhöhen. Brickwedde hob die zahlreichen Beratungsforen und Informationsveranstaltungen für Bürger und Anwohner hervor. Kontinuierlich habe der Förderverein auch im Internet auf Veränderungen im Baugeschehen sowie auf einzelne stadtökologischen Maßnahmen aufmerksam gemacht.
Damit aber nicht genug: Dass an vier Leipziger Gymnasien rund 120 Oberstufenschülern der Wahlgrundkurs "Nachhaltige Stadtentwicklung" angeboten wurde, freute Brickwedde besonders. "Die Jugendlichen konnten mit der Arbeit vor Ort ihre Urteilsfähigkeit stärken und lernten, vorausschauend und vernetzt zu denken", betonte Brickwedde. Fähigkeiten, die umweltbewusstes Handeln beflügeln könnten. Auf Kurs blieben zumindest zwei Schulen auch nach Projektlende, meinte der Vorstandsvorsitzende des Fördervereins, Niels Gormsen.
Dieses auch für andere Städte modellhafte Vorgehen der "gläsernen Baustelle" habe maßgeblich den Lokalen Agenda-Prozess in Leipzig unterstützt. "Ökologie, Ökonomie und Soziales - alle drei Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung haben unsere Projektpartner berücksichtigt", meinte Brickwedde. Nachhaltiges Engagement zeigt die DBU in Leipzig seit ihrer Gründungszeit: Anfang der 90er Jahre hatte die DBU schon eine Machbarkeitsstudie zur Pleißeöffnung gefördert. So flossen rund 550.000 Euro in das Projekt. Insgesamt unterstützte die DBU seit 1991 über 120 Vorhaben mit rund 25 Millionen Euro in der ostdeutschen Stadt.
Der Pleißemühlgraben gehört seit je her zu Leipzig: Er entstand etwa 930 von Menschenhand, um Mühlen mit Wasser anzutreiben. Seit dem 16. Jahrhundert versorgte der Wassergraben die Stadt über ein Holzröhrensystem mit einem Gemisch aus Brunnen- und Pleißewasser. In der Mitte des 19. Jahrhunderts mauerten Leipziger nach und nach das Flussufer ein, sodass der Graben einen kanalartigen Charakter bekam. Braune Schaumkronen auf dem Wasser und ein penetranter Phenolgestank charakterisierten seit Ende der 30er Jahre den Pleißemühlgraben. Anstatt aber nach den Ursachen der Wasserverschmutzung zu suchen, entschied die damalige Stadtverwaltung kurzerhand, den Fluss unterirdisch durch Rohre weiterzuleiten. Mit der Aktion "Pleiße ans Licht" schafften es Bürger, die Revitalisierung des Grabens in der städtischen Planung zu verankern.
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