Bundesbürger befürchten weitere Einschnitte im Gesundheitssystem
Berlin (ots)
Auch fast ein Jahr nach der Gesundheitsreform sieht die Zukunft des deutschen Gesundheitssystems in den Augen der Bundesbürger wenig rosig aus: jeder zweite gesetzlich Krankenversicherte (52%) erwartet über kurz oder lang ein weiteres Absinken des Versorgungsniveaus in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Bereits heute hält jeder dritte Bundesbürger das gesundheitliche Versorgungsniveau der GKV nicht mehr für ausreichend; vielfach bezweifelt wird zudem, im persönlichen Krankheitsfall auf dem neuesten Stand der medizinischen Forschung behandelt zu werden. Der Gesundheitspolitik trauen 61 Prozent der Deutschen nicht mehr zu, die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung langfristig sicherstellen zu können.
Dies zeigt das aktuelle "Health Care Monitoring" des Marktforschungs-und Beratungsinstituts psychonomics AG. 3.000 Bundesbürger ab 16 Jahren wurden repräsentativ zu aktuellen Gesundheitsthemen und zu ihrem Gesundheitsverhalten befragt. Mitherausgeber der Studie ist Acxiom Deutschland.
Ende der "Vollkasko-Mentalität" - Private Absicherung nimmt zu
Um die befürchteten weiteren Einschnitte im Leistungskatalog der GKV zu kompensieren, zieht mittlerweile fast jeder zweite GKV-Versicherte (46%) den Abschluss einer privaten Krankenzusatzversicherung in Betracht. Aktuell haben bereits 28 Prozent solche Zusatzversicherungen abgeschlossen, 2005 waren dies erst 22 Prozent. Zudem würde jeder zweite GKV-Versicherte (53%) einen höheren Beitragssatz seiner Krankenkasse in Kauf nehmen, um auch innovative Behandlungsansätze in Anspruch nehmen zu können.
Verständnis wird derweil für die neuen Rabattverträge der Krankenkassen mit den Pharmaherstellern geäußert: Drei Viertel (77%) der Betroffenen halten die Umstellung ihrer Medikation auf preisgünstigere (rabattierte) Arzneimittel für eine sinnvolle Maßnahme, um die Kosten im Gesundheitssystem zu senken. Aber auch der so genannte "Gesundheits-Tourismus" hat möglicherweise eine Zukunft: Jeder fünfte GKV-Versicherte (21%) schließt eine medizinische Behandlung im Ausland aus Kostengründen nicht mehr aus.
"Der Anspruch unbeschränkter gesundheitlicher Versorgung scheint endgültig der Vergangenheit anzugehören. Die Bundesbürger haben die Notwendigkeit der ergänzenden privaten Vorsorge schmerzlich erkannt", erläutert Anja Schweitzer, Leiterin der HealthCare Marktforschung der psychonomics AG.
Krankheit wird zusehends verleugnet
Allerdings zeigt die umfangreiche Studie auch, dass der andauernde Reformprozess im Gesundheitswesen - in dem sich die Bundesbürger oft nur noch als "Zaungäste" fühlen - mit einer zunehmenden Tendenz zum Leugnen und Verheimlichen von Krankheiten einhergeht. Der wachsende gesellschaftliche Druck, gesund zu sein, führt dazu, dass Erkrankungen zunehmend als Makel erlebt, privatisiert und versteckt werden. "Eine unter Public Health-Gesichtspunkten gefährliche Entwicklung", so die Einschätzung von Schweitzer. Der Spagat zwischen kollektiver Versorgung und Eigenverantwortung im Gesundheitssystem ist bislang noch nicht gelungen.
Die komplette rund 200-seitige Studie "Health Care Monitoring 2007" kann über die psychonomics AG bezogen werden. Weitere Studieninfo: www.psychonomics.de/article/articleview/1024/1/58.
Kontakt: Anja Schweitzer (Studienleiterin) - Tel.: +49 (0)30 308 74 47-0 - E-Mail: anja.schweitzer@psychonomics.de
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