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Kölnische Rundschau: Kommentar zum Thema Olympia-Boykott

Köln (ots)

Nichts mehr in der Hand
JOST SPRINGENSGUTHzum Thema Olympia-Boykott
Mit den uns bekannten Kate
gorien ist der Ferne Osten
nicht zu erfassen. Das erleben
immer wieder Reisende, wenn
sie dort unterwegs sind. Man
ist in einer fremden Welt des
Denkens und des Handelns.
Wie soll es dann noch gelingen,
etwa mit europäischen Augen
gesellschaftliche oder politi
sche Zusammenhänge in dem
riesigen Reich China zu erfas
sen; Dimensionen, Verhaltens
weisen, den Umgang der Men
schen untereinander, aber auch
mit ihrer Umwelt zu verstehen?
Eine faszinierende Geschichte
mit ihren Jahrtausende zurück
liegenden Wurzeln geht nach
langen Phasen der Abschot
tung über in den Sog der Glo
balisierung. Für die Menschen
dort ist dieser Prozess atembe
raubend. Das Regime, das sich
kommunistisch versteht, setzt
das Volk unter repressiv-autori
tären Zwängen der Globalisie
rung aus. Es gibt bei dem Ver
such, unter sozialistischer Dik
tatur Marktwirtschaft zu betrei
ben, wenige Gewinner und
massenweise Verlierer.
Als 2001 die Olympische Spie
le für dieses Jahr verge
ben wurden, waren die Men
schenrechtssituation in China,
und auch das Problem Tibet
bekannt. Man setzte auf die in
tegrierende Kraft des Sports.
Inzwischen erweist sich das als
eine große Fehleinschätzung.
Das Land ist nicht reif für Olym
pia. Weder China noch die
restliche Welt wissen mit den
Ereignissen in Tibet umzuge
hen. Das gilt für den Sport
ebenso wie für die Politik der
großen Demokratien. Mit be
klemmender Hilflosigkeit rea
gieren sowohl das IOC als auch
der Deutsche Olympische
Sportbund.
Ist es wirklich nötig, neben der
belanglosen Feststellung, wie
besorgt man die Ereignisse in
Tibet verfolge, gleich zu erklä
ren, dass der Boykott nicht in
Frage kommt und ein letztes
Druckmittel aus der Hand ge
geben wird? Wenn Blut fließt,
Säuberungswellen rollen und
dann noch die angeblichen Be
weise gegen den Dalai Lama
als Anstifter nicht vorgelegt
werden, kann die olympischen
Tagesordnung nicht weiter ein
fach abgespult werden. Dieser
Eindruck ist gestern beim Ent
zünden der Fackel aber leider
entstanden.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de

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