Kölnische Rundschau: zu Spahn/Lauterbach/Widerspruchslösung bei Organspende
Köln (ots)
Der Körper ist nicht sozialpflichtig¶ Raimund Neuß zur Rechtslage bei Organspenden¶ Zehntausend Patienten stehen auf der Warteliste für eine Organtransplantation. Bestenfalls einem Drittel von ihnen kann in diesem Jahr geholfen werden. Wer will es Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dem SPD-Fachpolitiker Karl Lauterbach da verdenken, wenn sie die Zahl der Spender erhöhen wollen? Was spricht dagegen, die Organe Verstorbener bereits dann zu entnehmen, wenn kein Widerspruch des Betroffenen oder seiner Angehörigen vorliegt? Es gibt zwei Argumente gegen ihren Plan, ein pragmatisches und ein grundsätzliches. Das pragmatische: Bis 2017 war die Zahl der Organspenden tendenziell rückläufig, 2018 ist sie deutlich gestiegen. Das zeigt, welche Verbesserungen mit effizienter Organisation und besserer Informationspolitik zu erreichen sind. Es geht darum, Vertrauen zu schaffen und erhalten. Dieses Vertrauen war durch Manipulationen bei der Organvergabe und andere skandalöse Fehler schwer beschädigt worden und wächst langsam wieder. Eine so massive Intervention, wie Lauterbach und Spahn sie beabsichtigen, wäre da kontraproduktiv. Und sie wäre - das ist der grundsätzliche Einwand - auch ethisch hochproblematisch. Gesundheitspolitiker erliegen leicht der Versuchung, das höchst Persönliche sozialisieren zu wollen. Bonus-Malus-Regelungen zur medizinischen Volkserziehung gehören ebenso in diese Vorstellungswelt wie der staatliche Zugriff auf die Körper Verstorbener. Das Grundgesetz kennt aber richtigerweise nur die Sozialpflichtigkeit des Eigentums, nicht die des Körpers. Organspende ist das letzte Geschenk, das jemand seinen Mitmenschen machen kann. Geschenke kann man nur erbitten. Wer potenzielle Spender durch eine Widerspruchsregelung unter Druck setzt, pervertiert diesen zutiefst menschlichen Akt.
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