Deutschland im Plus - Die Stiftung für private Überschuldungsprävention
Kein schnellerer Weg aus dem Schuldenturm - Insolvenzrechtsreform verfehlt Wirkung
Der aktuelle iff-Überschuldungsreport bietet eine "Sneak-Preview" auf den (Miss-)Erfolg der Insolvenzrechtsreform
Nürnberg (ots)
Der iff-Überschuldungsreport 2017 zeigt: Der Versuch Überschuldete deutlich früher als nach sechs Jahren Verfahrensdauer wieder in die wirtschaftliche Freiheit zu entlassen, ist wirkungslos geblieben. Wenig überraschend, haben doch die meisten Betroffenen nicht einmal das Geld, die Verfahrenskosten zu begleichen, um auf fünf Jahre zu verkürzen - ganz zu schweigen von den zusätzlichen 35 Prozent der Schulden, um bereits nach drei Jahren wieder "frei" zu sein. Könnten sie es, wären sie vermutlich erst gar nicht in dieser Situation. So bleibt es dabei: Überschuldete darben auf Einkommensniveaus deutlich unterhalb der Armutsgrenze und können den zuletzt merklich wachsenden Wohlstand der Übrigen nur durch das Schaufenster von außen betrachten.
"Wir brauchen dringend eine echte Reform des Insolvenzrechts", sagt Dr. Dirk Ulbricht, Direktor des gemeinnützigen Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) in Hamburg, "denn die meisten Überschuldeten sind ohne Schuld in ihrer Lage und häufig mit ihren Sorgen allein gelassen." Dr. Christiane Decker, Vorstandsvorsitzende der Stiftung Deutschland im Plus, ergänzt. "Die in Deutschland vielerorts übliche "Über-Geld-spricht-man-nicht-Mentalität" verschärft die Situation der Betroffenen zusätzlich. Daher ist es besonders wichtig, Überschuldete zielgerichtet mit kompetenten Unterstützungsangeboten unter die Arme zu greifen. Genau dies hat sich die gemeinnützigen Stiftung "Deutschland im Plus" mit ihren vielfältigen Angeboten zur Überschuldungsprävention zur Aufgabe gemacht."
In dem vom Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen e.V. (iff) und der Stiftung "Deutschland im Plus" vorgestellten Report werden neben allgemeinen Entwicklungen in Bezug auf die Überschuldung in Deutschland insbesondere die Hintergründe und Ursachen für das Scheitern der Insolvenzrechtsreform beleuchtet. Die im Juli 2014 in Kraft getretene Novelle sollte Menschen, die eine Insolvenz angemeldet haben, schneller einen Neustart - eine Restschuldbefreiung - ermöglichen. Das ist auch dringend nötig, sind doch immer mehr Menschen an der Grenze zur Überschuldung oder bereits darüber. Mittlerweile sind rund sieben Millionen Erwachsene in Deutschland betroffen.
Entgegen landläufiger Meinungen sind die Überschuldeten meist nicht etwa wegen eines übermäßigen Konsumverhaltens in ihrer Situation, sondern vielmehr wegen Armut. Diese kommt meist in Form von Arbeitslosigkeit, zu niedrigem Einkommen und fehlgeschlagener Selbstständigkeit daher. Ursächlich dafür sind häufig private Schicksalsschläge, wie eine Scheidung oder Krankheit.
Allein Arbeitslosigkeit löst in rund 23 Prozent der Fälle die Überschuldung aus. Im Vergleich zu den genannten Faktoren tritt übermäßige Konsumneigung mit rund zehn Prozent deutlich in den Hintergrund, wie der iff-Überschuldungsreport zeigt.
Insolvenzrechtsreform bringt keine Erleichterung
Die ersten Überschuldeten können bereits von der Möglichkeit auf Verkürzung profitiert haben. Rein rechnerisch wären diejenigen, die auf drei Jahre verkürzen konnten, bereits im Juli dieses Jahres schuldenfrei. Offizielle Zahlen allerdings gibt es erst im kommenden Jahr. Schon jetzt kann man jedoch aus den Nutzungszahlen, gewonnen auf Basis der iff-internen Beratungssoftware, für die Berechnung der Chancen auf Verkürzung feststellen, wie viele Menschen das überhaupt in Erwägung ziehen. Nur bei 2,6 Prozent der 2016 mit einer Insolvenzanmeldung endenden Beratungsgespräche wurden Verkürzungsvarianten überhaupt berechnet. Lediglich 0,4 Prozent der Beratungssuchenden ließen sich die Möglichkeit einer Verkürzung auf drei Jahre ausrechnen.
Die Konsequenzen für die Betroffenen sind dramatisch: Überschuldete sind häufig mit einem gesellschaftlichen Stigma konfrontiert. Einer Spirale aus Schamgefühl hinsichtlich ihrer Lebenslage und dem Verschweigen oder Schweigen über die eigene wirtschaftlich schwierige Situation. Das führt zu Ausgrenzung und dem Gefühl Überschuldeter, mit ihrer Situation allein gelassen zu sein.
Die beste Überschuldungsprävention - Finanzbildung!
Um Überschuldeten eine Anlaufstelle zu bieten und sie nicht 'allein zu lassen', wurde die Stiftung "Deutschland im Plus" gegründet. Sie engagiert sich für finanzielle Bildung im Rahmen zielgruppengerechter Aufklärungs- und Hilfsprojekte zur Überschuldungsprävention für alle Altersklassen. Ihr Ziel ist es, möglichst viele Bürger für einen angemessenen und verantwortungsvollen Umgang mit den eigenen finanziellen Ressourcen zu sensibilisieren, damit diese die richtigen Budgetentscheidungen treffen können.
"Neben unseren edukativen Beratungsangeboten, wie z.B. Unterrichtseinheiten für Schulklassen, mit denen wir insgesamt schon über 65.000 Schüler/Innen erreicht haben, gibt es seit Anfang 2016 ein Angebotsmodul für junge Migranten "fit in finance - strong for life"." Weiter erläutert Dr. Christiane Decker, Vorstandsvorsitzende der Stiftung: "Insbesondere junge Migranten, deren Bildungsweg inklusive Finanzbildung noch nicht abgeschlossen ist, benötigen Unterstützung durch besondere Angebote, damit eine Teilhabe an unserem Wirtschaftsleben und damit eine erfolgreiche Integration gelingen kann". Auch am Ausbau der digitalen Angebote arbeitet die Stiftung konsequent weiter. Seit 2013 und mit Einführung der Budgetplaner-App "Mein Budget" wurde diese bereits 65.000 geladen. "Damit wollen wir eine intensive Auseinandersetzung der Menschen mit ihren Finanzen erreichen und so eine aktive Überschuldungsprävention vorantreiben", bekräftigt Dr. Decker.
Die Erstellung des Berichts wird von der Stiftung "Deutschland im Plus" gefördert.
Auf der Webseite der Stiftung für private Überschuldungsprävention, www.deutschland-im-plus.de, finden Sie alle umfassenden Informations- und Beratungsangebote.
Das iff und der Überschuldungsreport
Das gemeinnützige Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen (iff) forscht seit rund 30 Jahren unter anderem im Auftrag von Verbraucherzentralen, Bundesministerien und Europäischem Parlament und Kommission zu nachhaltigen Finanzdienstleistung im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen.
Seit 2006 erstellt das iff den jährlich erscheinenden iff-Überschuldungsreport, der auf einer detaillierten Auswertung von Haushalten basiert, die eine Schuldnerberatungsstelle aufsuchen. Der diesjährige iff-Überschuldungsreport beruht auf einer weiter vergrößerten Datenbasis von mehr als 100.000 Haushalten in ganz Deutschland. Ausgewertet wurden die anonymisierten Daten von 39 Beratungsstellen in allen 16 Bundesländern. Die Ergebnisse bilden damit ein belastbares Bild zur Lage der Klienten von Schuldnerberatungsstellen ab und schaffen Transparenz für die Ab- und Herleitung praktikabler Handlungsempfehlungen.
Der vollständige Bericht ist im Internet unter www.iff-ueberschuldungsreport.de abrufbar.
Pressekontakt:
Für den iff-Überschuldungsreport:
Herr Dr. Dirk Ulbricht
Tel: 040 / 3096-9110
E-Mail: dirk.ulbricht@iff-hamburg.de
Zu den Aktivitäten der Stiftung "Deutschland im Plus":
Frau Ute Scharnagl
Pressesprecherin
Tel: 0911 / 5390-1030
E-Mail: info@deutschland-im-plus.de
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