Jetzt auch ein Parteispenden-Skandal bei der SPD
Die
Mitgliederzeitschrift Vorwärts wird mit Steuergeldern finanziert /
Report aus München, Montag, 18. Februar 2002, 21.00 Uhr, im Ersten
München (ots)
Zur Schonung der Parteikasse greift die SPD bei der Finanzierung ihres Mitgliederblattes "Vorwärts" in den Steuertopf. Nach Recherchen des ARD-Magazins des Bayerischen Rundfunks, Report aus München, bezahlen die sozialdemokratischen Abgeordneten im Europa-Parlament und im Bundestag aus den Steuermitteln der Fraktionen seit Jahren Anzeigen im "Vorwärts", um ihre Politik darzustellen. Die Schatzmeisterin der Europa-Abgeordneten, Constanze Krehl, räumt gegenüber Report aus München ein, dass auf diese Weise jährlich rund 30 000 Euro in die Kassen des "Vorwärts" fließen. Über die Höhe der Zahlungen aus der Bundestagsfraktion macht SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier keine Angaben. Für den Bund der Steuerzahler ist es ein Skandal, wie ungeniert sich die SPD öffentliche Geldquellen zur Finanzierung ihrer Parteiarbeit erschließt. Hier sei "die Grenze zur zulässigen Parteienfinanzierung überschritten", sagt Axel Gretzinger, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler in Niedersachsen/Bremen. Die SPD verstoße auch gegen Urteile des Bundesverfassungsgerichts, das den Einsatz von Fraktionsmitteln für Parteizwecke verboten habe. Gretzinger will noch in dieser Woche den für die Kontrolle der Parteifinanzen zuständigen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse einschalten.
Auf Thierse wartet noch mehr Arbeit. Er wird sich auch mit einem Steuersparmodell beschäftigen müssen, das der SPD-Parteivorstand für den "Vorwärts-Verlag" kreiert hat. Bis 1999 wurden bei der Firma immer wieder Defizite aufsummiert, insgesamt 3,2 Millionen Mark. Statt aber ihr Unternehmen aus der Parteikasse ordentlich zu alimentieren, schob die SPD nach Recherchen von Report aus München die Verluste auf ihre Medien-Holding "Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft" (DDVG) ab. Damit konnten deren Millionen-Gewinne heruntergerechnet und Steuern gespart werden. Für diese raffinierte Operation wurde der "Vorwärts-Verlag" 1997 mit der DDVG verschmolzen und unter dem neuen Namen "Berliner Vorwärts Verlagsgesellschaft mbH" wieder ins Leben gerufen. Mit diesem Unternehmen schloss die DDVG dann einen "Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag" ab. Von der DDVG flossen im Jahr 2000 netto 12,8 Millionen Mark in die SPD-Kasse.
Für Professor Karl-Heinz Küting, Leiter des Instituts für Wirtschaftsprüfung der Universität Saarbrücken, sind die Gewinne aus dem Steuersparmodell des "Vorwärts" wie Spenden zu behandeln und im SPD-Rechenschaftsbericht offen zu legen. Darum drücken sich die Genossen aber. Küting: "Im Sinne einer transparenten Rechenschaftslegung der Parteien ist dies nicht legal". Parteifinanz-Kontrolleur Wolfgang Thierse ist selbst Mitglied des SPD-Parteivorstands.
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