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++ GAP: Rollback in der Agrarpolitik verhindern - Vorschläge der Europäischen Kommission falscher landwirtschaftlicher Kurs ++

Pressemitteilung

26. März 2024 | 042

BUND-Pressestelle

Tel.: 030 - 27586 - 109

presse@bund.net

GAP: Rollback in der Agrarpolitik verhindern

Vorschläge der Europäischen Kommission falscher landwirtschaftlicher Kurs

  • Deutschland muss den Vorschlag der Europäischen Kommission ablehnen
  • Statt Mindestanforderungen abzuschwächen, Landwirtschaft bei der Transformation aktiv unterstützen
  • Öko-Regelungen finanziell aufstocken und weiterentwickeln

Berlin. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Bauernproteste tagt heute der EU-Rat „Landwirtschaft und Fischerei“, um Umweltstandards in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für die laufende Förderperiode abzuschwächen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert die Maßnahmenvorschläge der Kommission und das damit verbundene Hau-Ruck-Verfahren. Auf Antrag Spaniens soll unter „Sonstiges“ auch über die zukünftige Regulierung der Neue Gentechnik diskutiert werden. Bisher hatte der Rat dazu keine gemeinsame Position gefunden.

Daniela Wannemacher, BUND-Agrarexpertin: „In der gemeinsamen Agrarpolitik setzt die EU Kommission einen falschen Kurs. Deutschland muss den rückwärtsgewandten Vorschlag der Europäischen Kommission zur Aufweichung der GAP ablehnen, steht er doch im klaren Widerspruch zu den Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft.“

Die Umsetzung der Pläne der Kommission wäre ein fundamentaler Rückschritt. Arten-, Boden-, Klima- und Tierschutz würden wieder einmal auf der Strecke bleiben. Aus Sicht des BUND sind die schlechten Preise in der Landwirtschaft und die hohen Anforderungen an die Bürokratie Kern der Bauernproteste und nicht vermeintlich zu hohe Umweltstandards.

Wannemacher: „Unter dem Deckmantel der Vereinfachung sollen jetzt Anforderungen an die Betriebe massiv zurückgedreht und Umweltstandards aufgeweicht werden. Damit geht die Kommission den vermeintlich einfachen Weg auf Kosten der Zukunftsfähigkeit dieser Branche. Statt der Agrarindustrie und der Ernährungswirtschaft die Stirn zu bieten, gibt die Kommission klein bei und lässt sich von der Angst vor anhaltenden Bauernprotesten leiten.“

Die Kommission weist mit diesem Vorhaben Bäuerinnen und Bauern den Weg in die Vergangenheit und nicht in die Zukunft der Landwirtschaft. Vielmehr sollte bäuerliche Landwirtschaft auf Europas Wiesen und Feldern gestärkt werden.

Wannemacher: „Direktzahlungen wieder mit wesentlich weniger ökologischer Leistung auszuzahlen, ist in Zeiten der Artenkrise schlichtweg falsch. Betriebe, die bereits heute überdurchschnittliche Umweltleistungen erbringen, werden erneut benachteiligt. Millionen von Steuergeldern für die Landwirtschaft müssen für Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und des Klimas eingesetzt werden, statt weiter tote Agrarlandschaften zu fördern.“

Der BUND befürwortet den Abbau von überflüssiger Bürokratie, jedoch nicht zulasten der Umweltstandards. Antrags- und Verwaltungsverfahren müssen vereinfacht werden und Betriebe müssen Planungssicherheit bekommen.

Wannemacher: „Ökologische Leistungen müssen einkommenswirksam honoriert werden. Wir fordern öffentliches Geld für öffentliche Leistungen für Natur und Umwelt und die Stärkung der landwirtschaftlichen Betriebe innerhalb der Wertschöpfungsketten.“

Mit Blick auf die Diskussion zur Gentechnik fügt Daniela Wannemacher an:

„Wir warnen beim Umgang mit der Gentechnik vor vorschnellen Festlegungen. Selbst kleine gentechnische Veränderungen könnten ein hohes Risikopotenzial für die Umwelt haben, das zeigen aktuelle wissenschaftliche Gutachten. Eine Vielzahl kritischer Fragen zum Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zur zukünftigen Regulierung neuer Gentechniken wurden in Europaparlament und Rat bisher gar nicht oder nicht ausreichend debattiert. Die Bundesregierung, allen voran Cem Özdemir, muss Bedenken und offene Fragen ernst nehmen. Aspekte wie die Patentierungsfrage oder auch die Risiken von NGT-Pflanzen, müssen in die Entscheidungsfindung einfließen. Der jetzt vorliegende Vorschlag der EU-Kommission wird dem nicht gerecht und darf nicht verabschiedet werden.“

Redaktionshinweis: Am 21. März 2024 hat ein breites Bündnis aus Natur-, Umwelt-, Tierschutz- und Landwirtschaftsverbänden einen offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz verschickt mit der Forderung, den Vorschlag der Europäischen Kommission für die künftige Ausgestaltung der GAP abzulehnen.

Hintergrund:

GAP: Heute wird im EU-Agrarrat über die Vorschläge zur GAP debattiert. Im April soll das Europäische Parlament die Vorschläge bereits verabschieden. Der über viele Jahre verhandelte gültige Kompromiss zu den Mindestanforderungen wäre damit obsolet und gesellschaftliche Debatten zu diesen Anpassungen kaum möglich.

Die GAP ist das zentrale Instrument zur Gestaltung der Agrarmärkte und das mit Abstand am weitesten vergemeinschaftete Politikfeld der EU. Für viele Bäuerinnen und Bauern machen die Fördermittel der GAP zwischen 30 und 60 Prozent Ihrer Einkünfte aus. Die Ausgestaltung der GAP entscheidet darüber wie krisensicher, ökologisch und gerecht in Deutschland und Europa Lebensmittel erzeugt, und öffentliche Güter durch die Landwirtschaft bereitgestellt werden. Für die nächste Förderperiode ab 2028 starten aktuell die Debatten und Weichenstellungen.

Gentechnik: Im letzten Jahr hatte die EU-Kommission einen Entwurf für eine Neuregulierung von Gentechnik vorgelegt, der eine weitgehende Aufweichung der Gentechnik-Regelungen vorsah. Das EU-Parlament hatte im Februar für den Großteil der Deregulierungsvorschläge gestimmt. Pflanzen, deren Genom durch gentechnische Verfahren verändert wurden, sollen so nach Willen des Europäischen Parlaments nicht mehr auf ihr Risiko geprüft werden. Sie müssen nur noch eingeschränkt rückverfolgbar sein. Zudem soll für entstandene Schäden keine Haftung mehr bestehen. Wie Lebensmittel, in denen gentechnisch veränderte Pflanzen enthalten sind, künftig gekennzeichnet werden müssen, bleibt noch offen. Im Agrarrat wurde bisher keine Position für mögliche Verhandlungen mit dem EU Parlament und der Kommission im sogenannten Trilog gefunden. Das Gutachten der französischen Lebensmittelbehörde ANSES, welches starke Kritik am Vorschlag der EU-Kommission formuliert, lag dem Europäischen Parlament zum Zeitpunkt der Abstimmung noch nicht vor. Die Agrarminister*innen ringen weiter um eine gemeinsame Position.

Mehr Informationen:

Hrsg.: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) e.V., Petra Kirberger (v.i.S.d.P.), Kaiserin-Augusta-Allee 5, 10553 Berlin

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