ZDF-Politbarometer November I 2011
Mehrheit gegen das Betreuungsgeld - auch bei den Unionsanhängern
Breite Unterstützung für den Mindestlohn
Mainz (ots)
Nach langem Streit zwischen den Parteien hat sich die Koalition aus CDU, CSU und FDP am Wochenende bei einer Reihe von Themen geeinigt. Beschlossen wurde auch eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer um sechs Milliarden Euro. Diese Steuersenkung wird von 50 Prozent als richtig bezeichnet und von 45 Prozent als nicht richtig (weiß nicht: 5 Prozent). Von diesen Steuersenkungen erwarten aber nur 4 Prozent starke persönliche Entlastungen, 44 Prozent weniger starke und 48 Prozent überhaupt keine Entlastungen (weiß nicht: 4 Prozent).
Die ebenfalls beschlossene Erhöhung der Beiträge zur Pflegeversicherung um 0,1 Prozentpunkte halten 62 Prozent für richtig und 35 Prozent für nicht richtig (weiß nicht: 3 Prozent). Allerdings meinen 76 Prozent, dass diese Beitragserhöhung nicht ausreichen wird, um die Probleme bei der Pflege zu lösen, 13 Prozent halten sie für ausreichend und fast genauso viele (11 Prozent) haben dazu keine Meinung.
Auf Druck der CSU wurde für Kinder unter drei Jahren, die keinen Platz in einer Kindertagesstätte in Anspruch nehmen, ein monatliches Betreuungsgeld beschlossen. Dies finden lediglich 43 Prozent aller Befragten richtig und 53 Prozent lehnen es ab (weiß nicht: 4 Prozent). Auch unter Anhängern der CDU/CSU wird das Betreuungsgeld abgelehnt: 44 Prozent sind dafür und 52 Prozent dagegen.
Beim CDU-Bundesparteitag in der kommenden Woche geht es auch um einen Kurswechsel der CDU beim Thema Mindestlohn: Generell ist eine deutliche Mehrheit aller Befragten für einen Mindestlohn in allen Branchen. Im Einzelnen befürworten 24 Prozent einen Mindestlohn, der in allen Branchen gilt und überall gleich hoch ist. Die meisten (47 Prozent) sind dafür, dass es für jede Branche einen Mindestlohn gibt, der aber je nach Branche unterschiedlich hoch ausfallen kann, 13 Prozent wollen nur für manche Branchen einen Mindestlohn und 10 Prozent lehnen einen Mindestlohn generell ab (weiß nicht: 6 Prozent).
Trotz aller Probleme, die zurzeit die internationalen Finanzmärkte erschüttern, glaubt eine deutliche Mehrheit (78 Prozent), dass der Euro die aktuelle Finanzkrise überstehen wird. Lediglich 18 Prozent meinen das nicht (weiß nicht: 4 Prozent). Fast genauso war das Meinungsbild vor gut einem Jahr ausgefallen. Aktuell erwarten aber nur wenige (13 Prozent), dass durch die Bildung einer Übergangsregierung in Griechenland die Krise leichter zu lösen ist. Genauso viele (13 Prozent) glauben, dass es dadurch noch schwerer wird und die meisten (66 Prozent) gehen davon aus, dass sich dadurch nicht viel ändern wird (weiß nicht: 8 Prozent). Deutlich positiver werden die politischen Veränderungen in Italien bewertet: So glauben 48 Prozent, dass die Euro-Krise ohne Berlusconi leichter gelöst werden kann, nur 3 Prozent erwarten durch einen politischen Abgang des italienischen Ministerpräsidenten eine Zunahme der Probleme und 39 Prozent glauben, dass sich dadurch nicht viel ändern wird (weiß nicht: 10 Prozent).
Mit dem Krisenmanagement der Bundeskanzlerin ist inzwischen eine deutliche Mehrheit der Befragten zufrieden: Sagten Anfang Oktober 45 Prozent aller Deutschen, dass Angela Merkel ihre Arbeit im Zusammenhang mit der Euro-Krise eher gut macht, sind es jetzt 56 Prozent. Damals meinten 46 Prozent, die Bundeskanzlerin mache eher einen schlechten Job, das sagen jetzt nur noch 33 Prozent (Rest zu 100 Prozent jeweils "weiß nicht").
In der Politbarometer-Projektion gibt es diese Woche etwas mehr Veränderungen als zuvor: Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die CDU/CSU auf unverändert 34 Prozent und die SPD auf 30 Prozent (minus 1), die FDP bliebe bei 4 Prozent, die Linke käme auf 7 Prozent (plus 1), die Grünen auf 17 Prozent (plus 1) und die Piraten auf 5 Prozent (minus 1). Die anderen Parteien erreichten zusammen 3 Prozent (unverändert).
Bei der Bewertung der wichtigsten Politikerinnen und Politiker auf der +5/-5-Skala konnte die Kanzlerin erneut Boden gewinnen, die Spitzenpolitiker der SPD mussten durchweg Ansehensverluste hinnehmen: Nur noch mit knappem Vorsprung auf Platz eins liegt der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mit einem Durchschnittswert von jetzt 1,5 (Okt.II: 1,7). Auf Platz zwei folgt Bundeskanzlerin Angela Merkel mit 1,4 (Okt.II: 1,3). Einen Platz zurückgefallen ist Frank-Walter Steinmeier mit 1,3 (Okt.II: 1,4). Danach folgen Wolfgang Schäuble mit unveränderten 1,2, Thomas de Maizière mit unveränderten 1,1, Ursula von der Leyen mit 0,5 (Okt.II: 0,7), und nur ein paar Hundertstel schlechter Horst Seehofer mit unveränderten 0,5. Einbußen gab es für Sigmar Gabriel mit 0,3 (Okt.II: 0,5). Unverändert bleibt Philipp Rösler mit minus 0,9 und wieder verschlechtert Guido Westerwelle mit minus 1,8 (Okt.II: minus 1,6).
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 8. bis 10. November 2011 bei 1278 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Parteianteil von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Parteianteil von 10 Prozent rund +/- zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: CDU/CSU: 36 Prozent, SPD: 31 Prozent, FDP: 3 Prozent, Linke: 6 Prozent, Grüne: 17 Prozent, Piraten: 5 Prozent. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 25. November 2011.
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