ZDF-Programmhinweis
Dienstag, 14. Mai 2002, 6.20 und 8.20 Uhr
Buchtipps von Wolfgang Herles im ZDF-Morgenmagazin
Mainz (ots)
Am 14. Mai, kurz vor Pfingsten, gibt es im ZDF-Morgenmagazin wieder Literatur-Tipps. Wolfgang Herles hat sechs Neuerscheinungen aus dem aktuellen Angebot der Belletristikverlage ausgewählt, die er um 6.20 und 8.20 Uhr live im Studio vorstellt.
Folgende Bücher empfiehlt Wolfgang Herles:
"Klausen", der neue Roman von Andreas Maier im Suhrkampverlag Nach dem erfolgreichen Debüt "Wäldchestag" meldet sich der 35-jährige Autor mit einer bitterbösen Provinzposse zu Wort. Im Zentrum des bedrohlichen Geschehens steht die bis dahin unbescholtene Kleinstadt Klausen in Südtirol. Nach hitzigen politischen Streitereien zwischen den Einheimischen kommt es dort zu Übergriffen auf Pakistaner und Albaner im Asylbewerberheim auf der Ploderburg. Eine militante Bürgerinitiative gegen die monströse Autobahnbrücke über der Stadt stößt auf vehementen Widerstand der Ortsansässigen und heizt die Gerüchteküche weiter an. Als die Gewalt schließlich eskaliert und Umweltterroristen die Brennerautobahn zu sprengen versuchen, ist der Skandal perfekt und Klausen sorgt tagelang für Schlagzeilen in den Medien.
"Die Scheinwerferin - Leni Riefenstahl und das 'Dritte Reich'", eine Biographie von Lutz Kinkel im Europa Verlag
Leni Riefenstahl war in der dunkelsten Epoche deutscher Geschichte ein strahlender Star. Im Auftrag Hitlers drehte sie "Triumph des Willens", den Film über den Reichsparteitag 1934 und einen aufwändigen Zweiteiler über die Olympischen Spiele in Berlin. Die Regisseurin wurde gefeiert und konnte kostspielige Filmprojekte realisieren. 1938 verleugnete sie auf ihrer Reise durch die USA zum ersten Mal ihre enge Bindung an den Führer und den Nationalsozialismus. Sie beteuerte, nichts von der Reichskristallnacht und der Judenverfolgung zu wissen. Im Nachkriegsdeutschland drehte sich dann die Spirale aus Be- und Entschuldigungen immer weiter - bis heute. Lutz Kinkel setzt sich in seiner faktenreichen Biographie vor allem mit den Verdrängungsmechanismen und den Lebenslügen der fast hundertjährigen Filmemacherin auseinander.
"Madame MAO", ein biographischer Roman von Anchee Min im Scherz Verlag
1919 widersetzt sich ein junges Mädchen dem grausamen chinesischen Brauch, sich die Füße binden zu lassen. Yunhe ist eigensinnig und maßlos ehrgeizig. Sie schließt sich einer Operntruppe an und hat in Shanghai als Schauspielerin unerwartet Erfolg. Dort begegnet sie dem Kommunistenführer und "Großen Vorsitzenden" Mao Zedong. Als dessen Frau spielt sie schon bald eine Hauptrolle im politischen Leben Chinas. Während der Kulturrevolution wird sie als machtbesessene und unversöhnliche Frau gefürchtet und zugleich verehrt. Anchee Min hat eine sehr persönliche Beziehung zum Leben ihrer Romanheldin: mit 20 wurde sie als Schauspielerin in einem Arbeitslager entdeckt und im Filmstudio von Madame Mao ausgebildet und jahrelang protegiert. Nach deren Verurteilung emigrierte die heute renommierte Autorin in die USA.
"Wovon die Wölfe träumen", ein Roman über das heutige Algerien von Yasmina Khadra im Aufbauverlag
Yasmina Khadra - alias Mohammed Moulessehoul - erzählt die Lebensgeschichte eines jungen Mannes aus Algier, der langsam, aber mit tödlicher Konsequenz zum Terroristen wird. Nafa Walid, Sohn eines Eisenbahners, träumt davon, Schauspieler zu werden. Er ist schön, die Mädchen himmeln ihn an. Doch sein Traum zerschlägt sich. Als Privatchauffeur in der Nobelvorstadt wird er Zeuge eines widerwärtigen Mordes an einer jungen Frau. Nach diesem traumatischen Erlebnis sucht er Trost in der Religion. Ein fanatischer Fundamentalist wirbt ihn als Kämpfer für die Bewaffneten Islamischen Gruppen. Zwei Jahre später endet sein Leben als Killer bei einem Überfall auf ein abgelegenes Dorf. Der Autor dieses beklemmenden Romans war lange Zeit Offizier in der algerischen Armee und lebt heute im französischen Exil.
"Lisas Atem", der neue Roman des niederländischen Erfolgsautors Karel G. van Loon im Gustav Kiepenheuer Verlag
Lisa ist gerade siebzehn geworden, als sie während eines Urlaubs in der Bretagne spurlos verschwindet. Die Eltern suchen verzweifelt nach ihr. Die Polizei ermittelt jahrelang - ohne Erfolg. Schließlich werden die Nachforschungen eingestellt. Lisas Mutter versucht, sich mit dem Unglück zu arrangieren, der Vater zerbricht daran. Nur ihr junger Freund Talm, der Lisa abgöttisch geliebt hat, will sich mit der Ungewissheit nicht abfinden und sucht auf eigene Faust weiter. Eine Spur führt ihn ins Amsterdamer Obdachlosen-Milieu. Karel G. van Loons Liebesgeschichte fasziniert durch atemlose Spannung und sprachliche Kraft. In den Niederlanden wurde der Roman des 40-jährigen Autors von den Lesern und der Kritik gefeiert.
"Das Zentrum", ein neuer Roman des portugiesischen Nobelpreisträgers José Saramago im Rowohlt Verlag
Cipriano Algor ist 64 und verwitwet. Mit seiner Tochter betreibt er in einem Dorf bei Lissabon eine Töpferei. Sein rustikales Geschirr verkauft er seit langem an einen Supermarkt am Stadtrand. Doch eines Tages wird ihm lakonisch mitgeteilt, dass Plastik besser sei als Ton und man künftig auf seine Dienste verzichtet. Cipriano wehrt sich und gibt nicht auf. Der Töpfer hat nämlich eine Geschäftsidee, mit der er den Markt aufrollen will. Die couragierte Witwe Isaura und sein listiger Schwiegersohn unterstützen ihn dabei. "Das Zentrum" wurde in Portugal zum auflagenstarken Bestseller. José Saramago hat mit diesem Roman sein "Triologie der menschlichen Zustände" abgeschlossen.
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