ZDF-Programmhinweis
Donnerstag, 29. August 2002, 21.15 Uhr
auslandsjournal mit Dietmar Ossenberg
Mainz (ots)
Zu viel Verkehr - Bangkoks Polizei auf Geburten-Patrouille
Die Wehen kommen in regelmäßigen Abständen, der zukünftige Papa steht am Rande des Nervenzusammenbruchs - und jetzt auch noch das: Stau auf dem Weg ins Krankenhaus! An das tägliche Verkehrschaos in Bangkok hat Pranom Hinsom sich ja eigentlich gewöhnt, aber heute ist sie verzweifelt. Der Kleine will einfach nicht bis ins Krankenhaus warten! Das Dröhnen der Motoren, Hupen, Rufen aufgeregter Fahrer, die Musik der Autoradios - Pranoms Gesicht ist voller Angst. Denn noch ahnt sie nicht, dass Hilfe naht in Gestalt von Sakchai Krasaeyan. Mit seinem Polizeimotorrad schlängelt er sich zwischen den Autos hindurch. Doch Sakchai ist kein einfacher Polizist, er ist Mitglied der neusten thailändischen Elitetruppe: den Stauhebammen.
"Als ich die Autotür öffnete, sah ich das Baby kommen. Ich habe mich dann vorgestellt und erklärt, dass ich als Geburtshelfer ausgebildet sei," erzählt Sakchai. "Die Eltern guckten erst ziemlich verstört, aber dann schöpften sie Vertrauen zu mir - sie hatten ja keine Alternative, schließlich saßen sie im Stau fest. Und dann habe ich getan, was ich gelernt habe." Sakchai ist einer von 150 Bangkoker Polizisten, die mit Notfall-Entbindungskoffer und Sauerstofftank durch die Staus der Stadt patrouillieren. Fast wöchentlich assistieren er und seine Kollegen bei einer Staugeburt. 30 Kinder haben allein durch seine Hilfe in den letzten Jahren das Licht der Welt erblickt.
Der Plan, eine solche Spezialtruppe ins Leben zu rufen, stammt vom thailändischen König Bhumipol Adulyadej höchstpersönlich und wurde wortwörtlich aus der Not geboren. Bangkok droht, wie so viele so genannte Megacitys, im Verkehr zu ersticken. "Praktisch kann man diesen Problemen nur durch professionelle Organisation und Management beikommen", so Jan Ipland, dänischer Architekt und Berater der Stadtverwaltung von Bangkok. "Das ist fast ein Krieg, und man braucht regelrecht eine Armee dafür." Aber an langfristigen Lösungsansätzen mangelt es. Daher versucht der thailändische König die Strapazen seiner Untertanen mit unkonventionellen Ideen zu lindern. Neben der Einführung der Stauhebammen, ließ er beispielsweise - gegen die Stau-Langeweile - alle Busse mit Fernsehern ausstatten.
Die Stauhebammen jedenfalls genießen in der Öffentlichkeit und inzwischen auch innerhalb der Polizei große Popularität. Trotz anfänglichem Spott der Kollegen wollen immer mehr Polizisten die Hebammenausbildung absolvieren. Es lockt der doppelte Lohn und, bei täglich mehr als 300 PKW-Neuzulassungen allein in Bangkok, ein sicherer Job. Außerdem avancieren die Stau-Hebammen zu thailändischen Helden. Fanclubs wurden gegründet, und viele Eltern benennen ihr Neugeborenes nach dem Ordnungshüter, der dem Kleinen den Weg in die Welt wies. Ein schöner Dank für eher ungewöhnliche Polizeiarbeit.
ZDF-Korrespondent Uwe Kröger hat die Hebammen in Uniform bei ihren Geburten-Kontrollen begleitet und erfahren, dass in Bangkok gilt: "Die Polizei: Dein Freund und Geburtenhelfer".
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