ZDF-Programmhinweis
Donnerstag, 10. Oktober 2002, 21.15 Uhr
auslandsjournal mit Dietmar Ossenberg
u.a. Drogenkrieg am Zuckerhut - Rios Polizei geht in die Luft
Mainz (ots)
Der Lärm der Maschinengewehre ist ohrenbetäubend. Im Kugelhagel stürmen schwer bewaffnete Polizisten die Häuser vermeintlicher Drogendealer. Was wie ein Krieg wirkt, ist in Rio grausamer Alltag. Seit einigen Monaten führt die Polizei der Stadt am Zuckerhut einen erbitterten Feldzug gegen die Drogenmafia. Doch Razzien, Durchsuchungen und offener Kampf haben nur wenige Erfolge gebracht. Daher greifen die Polizisten jetzt zu ungewöhnlichen Mitteln. Mit einem Zeppelin sollen Verbrecher aufgespürt werden.
"Es gab bisher so einen stillschweigenden Pakt. Die Politik duldet die Drogenmafia, dafür herrscht Frieden in der Stadt. Das haben wir beendet, wir gehen jetzt rigoros gegen die Drogenbanden vor. Und die antworten mit Terror", erklärt Luis Eduardo Soares, Sicherheitsberater der Staatsregierung in Rio de Janeiro. "Sie wollen die Leute so sehr verängstigen, dass wir unsere Maßnahmen rückgängig machen - damit sie dann in den Favelas ungestört weitermachen können, so wie vorher." Rio de Janeiro, das ist nicht nur Copacabana, Karneval und Zuckerhut. Jährlich werden hier mehr als 11 000 Menschen ermordet. Nach der neuesten Kriegserklärung der Regierung an die Drogenmafia ist die Gewalt eskaliert. Ganze Stadtviertel werden von der Mafia kontrolliert. Das Betreten dieser Gegend ist für Polizisten und Soldaten lebensgefährlich, oft sogar unmöglich. Abhilfe soll aber die neueste Idee der Polizei schaffen. Ein mit Infrarotkameras ausgestatteter Zeppelin hilft dabei, Verbrecher zu orten und Flüchtige schneller zu stellen. Nachdem die Mafia die Hubschrauber der Polizei vom Boden aus unter Beschuss genommen hat, versprechen sich die Ordnungshüter nun neue Einblicke aus der sicheren Höhe der Luftschiffe.
Vor kurzem gelang der Polizei - allerdings ohne Hilfe aus der Luft - ein wichtiger Erfolg im Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Fernandinho Beira-Mar, der mächtigste Drogenbaron des Landes, wurde verhaftet und sitzt nun im vermeintlich sichersten Gefängnis Rios. Er ist der Anführer des "Roten Kommandos", jenes Drogenkartells, das vor einiger Zeit den Fernsehreporter Tim Lopes entführte und ermordete. Doch die Macht des organisierten Verbrechens reicht längst auch bis hinter die Gitter. Vom Gefängnis aus dirigiert Fernandinho ungestört seine Geschäfte: mit Laptop und Mobiltelefon organisiert er den Kokainverkauf, instruiert seine Leute und ordert neue Waffen. Für Fernandinho und die anderen Drogenbosse sind die wichtigsten Absatz- und Rekrutierungsmärkte die Favelas, Rios Armenviertel. Dort ist die Arbeit für die Mafia für viele junge Männer oft die einzige Lebensperspektive. Andere Möglichkeiten das Geld zum Überleben zu verdienen gibt es in den Slums oft nicht.
Doch wie können langfristig Fortschritte in der Bekämpfung der Drogenmafia erzielt werden? Marina Maggessi, Leiterin der Untersuchungsabteilung im Rauschgiftdezernat der Polizei, meint, dies sei nur möglich, "wenn dem Nachwuchs in den Favelas endgültig klar ist, dass eine Verbrecherlaufbahn unweigerlich in den Tod oder Knast führt."
ZDF-Korrespondent Frank Buchwald zeigt den Mafiakrieg am Zuckerhut aus der Luft und vom Boden.
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