ZDF-Pressemitteilung
ZDF-Politbarometer im Oktober 2002
Deutliche Stimmungsverbesserungen für die Union
Kanzler verliert an Ansehen
Mainz (ots)
Die politische Stimmung nach der Bundestagswahl zeigt sich deutlich verändert: Die SPD erreicht in der politischen Stimmung jetzt nur noch 36 Prozent, die Union legt sehr deutlich auf 45 Prozent zu, die Grünen kommen auf 9 Prozent und die FDP auf 6 Prozent, während die PDS 2 Prozent erreicht. Noch stärker als bei der Bundestagswahl fallen die Ost-West-Unterschiede bei der aktuellen Stimmung aus: So erreicht die SPD im Westen nur 33 Prozent, im Osten kommt sie aber auf
45 Prozent. Die Union erhält im Westen 48 Prozent, aber im Osten nur 33 Prozent. Weniger dramatisch sind die Unterschiede bei den Grünen (10 Prozent West und 6 Prozent Ost) und der FDP (7 Prozent West und 4 Prozent Ost), die PDS kommt jetzt im Osten nur auf 9 Prozent (West 1 Prozent). Damit ist der Start für die SPD jetzt nach der Wahl ganz anders ausgefallen als 1998. Damals hatte sie nach ihrem Wahlsieg sehr deutlich in der politischen Stimmung zulegen können (Politbarometer Oktober 1998: SPD 50 Prozent).
Wenn jedoch schon am nächsten Sonntag wirklich wieder Bundestagswahl wäre, dann würde durch längerfristige Überzeugungen ein Ergebnis zustande kommen, das die aktuellen Stimmungen nicht so stark zur Geltung kommen lässt. Die Projektion lautet: SPD 38 Prozent (-0,5 im Vergleich zur BTW), B'90/Grüne 8 Prozent (-0,6), die CDU/CSU verbessert sich um 1,5 Prozentpunkte auf 40 Prozent, die FDP käme auf 6 Prozent (-1,4), die PDS unverändert auf 4 Prozent. Die anderen Parteien erreichen zusammen 4 Prozent (+1). Damit wären das rot-grüne und das schwarz-gelbe Lager gleich stark.
Durch die Wahl und die Personalveränderungen hat sich auch die Zusammensetzung der Liste der nach Meinung der Befragten wichtigsten zehn Politiker verändert: Neu hinzugekommen sind Wolfgang Clement und Jürgen Trittin, während Peter Struck und Lothar Späth ausgeschieden sind.
Die Verlierer des Monats sind Gerhard Schröder und Guido Westerwelle. Weiterhin auf Platz eins mit leichten Gewinnen im Vergleich zum letzten Politbarometer liegt Joschka Fischer mit 2.4 (+0.2), jetzt mit deutlichem Abstand zum Bundeskanzler, der nur noch 1.5 erreicht (-0.6). Knapp dahinter Angela Merkel mit 1.4 (+0.5) und Wolfgang Clement (1.3). Danach folgen Otto Schily mit 1.0 (-0.3), Hans Eichel 0.8 (-0,2), Edmund Stoiber 0.7 (+0.2), Renate Künast 0.7 (-0.1) vor Guido Westerwelle, der mit -0.3 deutlich verliert (-0.6), und Jürgen Trittin, der mit -0.4 ebenfalls negativ bewertet wird (jeweils Durchschnittswerte auf der -5/+5-Skala).
Die politische Debatte im Zuge der Koalitionsverhandlungen zeigt auch Spuren bei den Kompetenzen auf den wichtigsten Politikfeldern: So konnte die Union im Vergleich zur Vorwahluntersuchung ihren Vorsprung vor der SPD auf den Themenfeldern Wirtschaft mit jetzt 35 Prozent zu 29 Prozent und Arbeitsplätze mit jetzt 37 Prozent zu 26 Prozent zwar nur unwesentlich ausbauen. Aber beim Hauptthema der letzten Woche, der Finanzpolitik, hat die SPD ihren Kompetenzvorsprung von vor der Wahl (SPD: 37 Prozent; Union: 32 Prozent) eingebüßt: SPD jetzt 31 Prozent; Union: 35 Prozent. Auch beim Thema Renten (SPD 30 Prozent; Union: 27 Prozent) und vor allem bei der Gesundheitspolitik (SPD: 27 Prozent; Union: 28 Prozent; Grüne 10 Prozent) und Außenpolitik gegenüber den USA (SPD 34 Prozent; Union: 28 Prozent; Grüne: 21 Prozent) musste die SPD deutliche Kompetenzeinbußen hinnehmen.
In der Debatte um Stabilitätspakt und Sparprogramme beziehen die Deutschen klar Position: 62 Prozent sind der Meinung, dass der ursprünglich geplante Sparkurs hätte fortgesetzt werden sollen. Nur 29 Prozent fordern eine Erhöhung der Schulden, um damit zusätzliche Maßnahmen zur Wirtschaftsbelebung zu finanzieren. Besonders deutliche Unterstützung findet dabei der Sparkurs bei den Anhängern von SPD (75 Prozent), Grünen (79 Prozent) und PDS (74 Prozent), aber auch die Anhänger der Union (51 Prozent) und der FDP (55 Prozent) sind mehrheitlich für eine Fortsetzung des Sparkurses.
Während Anfang September noch eine klare Mehrheit von 53 Prozent die Position des Bundeskanzlers unterstützte, unter keinen Umständen sich an einer Militäraktion der USA gegen den Irak zu beteiligen, sind das jetzt nur noch 43 Prozent: Jetzt sprechen sich für eine deutsche Beteiligung 51 Prozent (September: 41 Prozent) aus, wenn ein entsprechendes UN-Mandat vorliegt, weitere 4 Prozent sind auf jeden Fall für eine deutsche Beteiligung.
Deutlich schlechter wird jetzt das Verhältnis zu den USA bewertet. Waren im Mai noch 88 Prozent und im September 76 Prozent der Meinung, dass die Beziehungen gut sind, sagen das jetzt nur noch 65 Prozent, 33 Prozent halten sie momentan für schlecht.
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 14. bis 17. Oktober 2002 unter 1277 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz Deutschland. Fehlertoleranz bei den großen Parteien 2,7 Prozentpunkte, bei den kleineren rund 1,4 Prozentpunkte.
Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 15. November 2002, nach dem "heute-journal".
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