ZDF-Pressemitteilung
ZDF-Politbarometer im Dezember 2002
Jahr endet mit Rekordtief für Regierung
Deutsche gehen mit weniger Optimismus ins nächste Jahr
Mainz (ots)
Noch nie war die Unzufriedenheit mit einer Bundesregierung seit Beginn des Politbarometer (März 1977) so hoch wie jetzt: Auf der -5/+5-Skala ist die Zufriedenheit mit der Bundesregierung auf einen Wert von -1.6 gefallen (Nov. -1.2). Inzwischen wird die SPD als Regierungspartner sogar geringfügig schlechter beurteilt als die Grünen. Aber auch die Zufriedenheit mit der Arbeit der CDU/CSU-Opposition geht im Vergleich zum Vormonat deutlich zurück (-0.2 nach +0.3 im Nov.).
Nachdem die SPD im November erdrutschartige Einbußen hinnehmen musste, gibt es jetzt kaum Veränderungen in der politischen Stimmung: Die SPD erreicht jetzt weiterhin nur noch 26 Prozent, die Union kommt wieder auf 55 Prozent, die Grünen ebenfalls unverändert bei 9 Prozent und die FDP 4 Prozent mit leichten Einbußen (-1), während die PDS unverändert 3 Prozent erreicht.
Wenn jedoch schon am nächsten Sonntag wirklich wieder Bundestagswahl wäre, dann würde durch längerfristige Überzeugungen ein Ergebnis zustande kommen, das diese aktuellen Überzeichnungen trotz der eingetretenen Stabilisierung nicht so stark zur Geltung kommen lassen würde. Die Projektion lautet: SPD 32 Prozent (-2), B'90/Grüne 9 Prozent (unverändert), die CDU/CSU verbessert sich um weitere 2 Prozentpunkte auf 46 Prozent, die FDP kommt auf 5 Prozent (unverändert), die PDS unverändert auf 4 Prozent ebenso wie die anderen Parteien. Damit hätte Schwarz-Gelb eine klare Mehrheit, die Union käme sogar in den Bereich einer absoluten Mehrheit.
Diese Unzufriedenheit mit Bundesregierung und Opposition wirkt sich auch auf die Beurteilung der wichtigsten Politiker aus. Besonders Bundeskanzler Schröder und Finanzminister Eichel müssen ein weiteres Mal massive Kritik einstecken, aber auch alle anderen wichtigen Politiker mit Ausnahme von Joschka Fischer werden diesen Monat schlechter beurteilt als im November: Weiterhin auf Platz eins in der Beliebtheit liegt Joschka Fischer mit 2.0 (Nov.: 1.9), wieder gefolgt auf Platz zwei von Angela Merkel 1.0 (Nov.: 1.3), danach Wolfgang Clement 0.7 (Nov.: 0.9), Otto Schily 0.6 (Nov.: 0.7), Renate Künast 0.2 (Nov.: 0.3) und Edmund Stoiber 0.2 (Nov.: 0.4) gleichauf. Weiterhin auf Platz 7 liegt Gerhard Schröder, mit deutlichen Verlusten erstmals im negativen Bereich -0.3 (Nov.: 0.2), vor Hans Eichel ebenfalls sehr deutlich verschlechtert -0.7 (Nov.: -0.2). Auch Guido Westerwelle muss starke Einbußen hinnehmen -0.8 (Nov.: -0.5) vor dem Schlusslicht Jürgen Trittin -0,8 (Nov.: -0.7).
Die heute beschlossene Osterweiterung der EU wird von den Deutschen eher skeptisch aufgenommen. Selbst langfristig erwarten nur 17 Prozent davon eher Vorteile für Deutschland, 42 Prozent meinen, dass sich Vor- und Nachteile die Waage halten, und 31 Prozent erwarten eher Nachteile für Deutschland. Deutliche Unterschiede machen die Bundesbürger auch zwischen verschiedenen Ländern: Am häufigsten wird die Aufnahme von Ungarn in die EU unterstützt (74 Prozent), gefolgt von Tschechien (65 Prozent), Polen (62 Prozent) und der Slowakei (60 Prozent). Auch die Aufnahme der Baltischen Staaten (54 Prozent) und von Slowenien (51 Prozent) findet noch mehrheitliche Unterstützung. Keine Mehrheiten gibt es dagegen für Bulgarien (44 Prozent), die Türkei (33 Prozent) und Rumänien (33 Prozent).
Knapp ein Jahr nach der Einführung des Euro als Bargeld ist die Zustimmung zur gemeinsamen europäische Währung weiter zurückgegangen: Die Einführung des Euro finden nur noch 41 Prozent gut und 57 Prozent nicht gut. Im Juni dieses Jahres lag die Zustimmung noch bei 46 Prozent und die Ablehnung bei 51 Prozent. Nach der erfolgreichen Bargeldeinführung im Januar waren sogar mehr als zwei Drittel für den Euro gewesen. Allerdings sind auch jetzt 65 Prozent der Meinung, dass der Euro langfristig ein Erfolg werden wird (nicht erfolgreich: 25 Prozent; weiß nicht 11 Prozent). Dennoch trauern 59 Prozent der D-Mark nach.
Die von den meisten Wirtschaftsministern der Bundesländer geforderte Freigabe der Ladenöffnungszeiten findet bei 63 Prozent der Deutschen Unterstützung, während die Position der Bundesregierung, zusätzlich nur Einkäufe an Samstagen bis 20 Uhr zuzulassen, lediglich von 10 Prozent mitgetragen wird, 24 Prozent wollen am Ladenschlussgesetz nichts geändert wissen.
Die Deutschen bewerten das ausgehende Jahr wesentlich schlechter als die Jahre zuvor. So sagen lediglich 62 Prozent 2002 war ein gutes Jahr (von 2001 sagten das 71 Prozent) und 33 Prozent meinen jetzt, es sei ein schlechtes Jahr gewesen (für 24 Prozent war 2001 ein schlechtes). Dass das nächste Jahr besser werden wird, meinen nur noch 52 Prozent (letztes Jahr meinten das noch 61 Prozent), von einer weiteren Verschlechterung gehen jetzt 31 Prozent aus (letztes Jahr erwarteten das 19 Prozent), 17 Prozent wollen sich bei den Zukunftserwartungen nicht festlegen.
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 9. bis 12. Dez. 2002 unter 1.280 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz Deutschland. Fehlertoleranz bei den großen Parteien 2,7 Prozentpunkte, bei den kleineren rund 1,4 Prozentpunkte.
Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 24. Januar 2003 nach dem "heute-journal".
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