"Frontal 21" im ZDF: Kartellamts-Chef fordert mehr Rechte im Kampf gegen gefälschte Online-Bewertungen
Mainz (ots)
Positive Bewertungen bei Google, Amazon und auf anderen Portalen werden zu tausenden gekauft. Das belegen Rechnungen, Zahlungsunterlagen und E-Mails, die "Frontal 21" von einem Whistleblower zugespielt wurden. Die Dokumente stammen von dem Bewertungsportal Goldstar Marketing, das 5-Sterne-Bewertungen zum Kauf anbietet. Die Käufer kommen aus unterschiedlichen Branchen: Rechtsanwälte und Immobilienmakler werten ihr Google-Profil auf, Ärzte verbessern ihre Jameda-Gesamtnote und Amazon-Händler steigern ihr Produkt-Ranking mit gekauften 5-Sterne-Rezensionen. Das ZDF zeigt die "Frontal 21"-Dokumentation "Fake mit 5 Sternen - Gekaufte Bewertungen bei Amazon, Google & Co." am Dienstag, 15. Dezember 2020, 21.00 Uhr.
Gefälschte Bewertungen werden mittlerweile zu einer Gefahr für den Wettbewerb. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundeskartellamt in einer kürzlich veröffentlichen Sektoruntersuchung. Dabei befragten die Wettbewerbshüter auch Goldstar Marketing. Im Interview mit "Frontal 21" stellte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, klar: "Bewertungsvermittler, die klare Vorgaben machen, wie ein Produkt oder eine Dienstleistung zu bewerten ist, die verstoßen schlicht gegen das Gesetz. Da liegt eine Täuschung vor. Das ist nicht erlaubt nach dem Gesetz zur Bekämpfung von unlauteren Wettbewerbspraktiken." Mundt fordert von der Politik daher mehr Kompetenzen für seine Behörde im Kampf gegen Fake-Bewertungen: "Wir können als Bundeskartellamt nur Untersuchungen durchführen. Wir können Defizite aufzeigen. Wir können Rechtsverletzungen aufdecken. Aber wir können sie nicht abstellen, die Befugnis haben wir nicht. Wir hätten uns sicherlich gewünscht, etwas stärker zum Schutz von Verbrauchern eingreifen zu können." Goldstar Marketing wollte sich auf Anfrage von "Frontal 21" nicht zu Kritik an seiner Praxis äußern.
Das Bundesverbraucherschutzministerium erklärte, es wolle im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie "New Deal for Consumers" zumindest das Wettbewerbsrecht verschärfen. So soll das Bundesamt der Justiz bei grenzüberschreitenden Verstößen "Unternehmen mit umsatzabhängigen Geldbußen von bis zu vier Prozent ihres Jahresumsatzes belegen" können. Außerdem werde "ausdrücklich klargestellt, dass eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, wenn Unternehmen (selbst) gefälschte Verbraucherbewertungen abgeben oder andere damit beauftragen". Zudem müssen Plattformbetreiber, "die Verbraucherbewertungen zugänglich machen, künftig erläutern, ob und gegebenenfalls wie sie kontrollieren, ob diese tatsächlich von Verbraucherinnen oder Verbrauchern stammen".
Verbraucherschützer fordern dagegen, dass Fake-Bewertungen strafrechtlich verboten werden, um wirksam dagegen vorgehen zu können. "Nur dann entsteht so ein Druck auf diese falschen Rezensenten, dass der Sumpf sofort trockengelegt werden kann", sagt Verbraucherschutz-Anwalt Boris Wita aus Kiel.
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