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Böhmer: Menschliche
Embryonen sind weder Zellhaufen, noch Biomasse noch Ersatzteillager für andere

Berlin (ots)

Zur erstmaligen Klonierung eines menschlichen
Embryos im Frühstadium mit dem Ziel der Gewinnung embryonaler
Stammzellen durch Wissenschaftler der Firma Advanced Cell Technologiy
(USA) erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Prof. Dr. Maria Böhmer MdB:
Wissenschaftlern in den USA soll es gelungen sein, erstmalig einen
menschlichen Embryo im Frühstadium mit dem Ziel der Gewinnung
embryonaler Stammzellen zu klonen. Die Wissenschaftler verfehlten
zwar ihr selbst gestecktes Ziel, Embryonen im Labor eine gewisse Zeit
heranwachsen zu lassen und aus der Blastozyste humane Stammzellen zu
gewinnen. Sie betonen zwar ausdrücklich, es sei nicht geplant
gewesen, den Klon in eine Gebärmutter zu implantieren und auf diese
Weise einen geklonten Menschen zur Welt kommen zu lassen. Nach ihrer
Einschätzung sind aber die Ergebnisse ein "Meilenstein" auf dem Weg
zum therapeutischen Klonen und der Gewinnung embryonaler Stammzellen.
Wenn dies zutrifft, fragt sich, ob therapeutisches Klonen bald
gängige Praxis sein wird! Therapeutisches Klonen ist aber nichts
anderes als die Erzeugung eines menschlichen Embryos mit dem Ziel der
Tötung, um Stammzellen zu gewinnen.
Diese Nachricht wird erhebliche Auswirkungen auf die Debatte um
die Chancen und Risiken der Bio- und Gentechnologie in der
Bundesrepublik Deutschland haben. Nach dem deutschen
Embryonenschutzgesetz ist die Erzeugung von Embryonen nur zu
Fortpflanzungs- und nicht zu anderen Zwecken zulässig. Es ist zwar
verständlich, dass Schwerkranke sich von den neuen
Forschungsergebnissen Hilfe zur besseren Bekämpfung ihrer Krankheit
versprechen. Aber auch die jüngsten Forschungen in den USA können
nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach übereinstimmender Auffassung
nahezu aller Wissenschaftler greifbare Ergebnisse in Form anwendbarer
Therapien noch in weiter Ferne liegen. Es gilt jedoch immer wieder in
Erinnerung zu rufen: Embryonen sind menschliches Leben; sie sind
weder Zellhaufen, noch Biomasse, noch Ersatzteillager für andere.
Inzwischen zeichnen sich bei der adulten Stammzellenforschung, die
zudem ethisch unproblematisch ist, vielversprechende Therapieansätze
ab. So wurde bei der diesjährigen Tagung der Europäischen
Gesellschaft für Tissue Engeneering u.a. auf das besonders weit
gediehene Verfahren zum Gewebeersatz bei Knorpelschädigungen
hingewiesen. Auch die jüngsten Veröffentlichungen der Heidelberger
Professoren Konrad Bayreuther und Anthony D. Ho beweisen
eindrucksvoll die Potenziale der adulten Stammzellenforschung. Die
USA haben diese Chancen frühzeitig erkannt und fördern laut
Presseberichten allein diese Forschung mit rd. 250 Mio. US-Dollar
(rd. 500 Mio. DM) pro Jahr. Vor diesem Hintergrund kann man die
Fördermittel der Bundesregierung für die Forschung mit adulten
Stammzellen im Rahmen des Gesundheitsforschungsprogramms von rd. 6
Mio. DM pro Jahr innerhalb der nächsten drei Jahre nur als lächerlich
bezeichnen. Wer - wie der nordrhein-westfälische Ministerpräsident
Wolfgang Clement - vor diesem Hintergrund einen "Absturz der
Wissenschaft" in der Bundesrepublik Deutschland prognostiziert, wenn
die Tür zur Gentechnik nicht möglichst schnell geöffnet werde, kann
in der jetzt beginnenden Debatte nicht mehr allzu ernst genommen
werden. Es wäre zielführender gewesen, wenn Herr Clement - wie die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion - eine massive Erhöhung der entsprechenden
Fördermittel gefordert hätte, damit Deutschland das Kompetenzzentrum
der Welt in der adulten Stammzellforschung wird.
Unglaublich und nicht hinnehmbar sind die jüngsten Vorschläge von
Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn, die "Bedingungen" für
embryonale Stammzellenforschung in Deutschland genannt hat. Dies ist
ein Affront gegenüber dem gesamten Parlament. Denn zwischen den
Fraktionen des Deutschen Bundestag ist vereinbart, die Entscheidung
über die Frage der Zulässigkeit des Import von und der Forschung an
humanen embryonalen Stammzellen in Deutschland Ende Januar 2002 zu
treffen. Wer als Mitglied der Bundesregierung schon heute
"Bedingungen" formuliert, greift dem Parlament in seiner
Entscheidungsfindung vor und versucht, Fakten zu schaffen.
Aus diesen Gründen ist auch der sogenannte "Zwei-Stufen-Plan" des
Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle nicht akzeptabel. Brüstle hat
gefordert, die DFG solle am 7. Dezember 2001 seinem Antrag auf
Förderung der Forschung an humanen embryonalen Stammzellen zustimmen,
das "Anlaufen der Forschungsförderung" aber bis nach der Debatte im
Deutschen Bundestag zu verschieben. Angesichts des Beschlusses vom 5.
Juli 2001 sind solche Vorschläge für den Deutschen Bundestag als
Ganzes nicht hinnehmbar. Das Primat des Parlaments auch in der Bio-
und Gentechnologie besteht nach wie vor.

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Fax: (030) 227-56660
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