WDR Fernsehen, Freitag, 1. März, 23.00 - 23.45 Uhr
Pagen in der
Traumfabrik
Schwarze Komparsen im deutschen Spielfilm, ein Film von
Annette von Wangenheim
Köln (ots)
Die deutsche Filmgeschichte steckt voll brisanter Entdeckungen. Jüngstes Beispiel: die Rolle Schwarzer Komparsen im deutschen Spielfilm von 1919 bis 1945. Es geht um Nebenrollen, aber um eine höchst politische Geschichte, denn die Filme, in denen Schwarze mitspielten, wurden produziert, um in Deutschland den Wunsch nach der Rückgewinnung der Kolonien in Afrika zu befeuern.
Deutschlands Kolonialgeschichte endete offiziell 1919 mit dem Versailler Vertrag. Sämtliche Kolonien wurden an Großbritannien und Frankreich übertragen. Doch in den Köpfen deutscher Politiker und in großen Teilen der Bevölkerung lebte der Kolonialanspruch weiter. Ihm wollte man mit allen Mitteln Ausdruck verleihen - besonders geeignet schien der Spielfilm. Bis 1942 entstanden schätzungsweise rund 100 deutsche Kolonial- und Propagandafilme, deren Geschichte in Afrika spielt. Aber: Sie wurden in Deutschland gedreht, und auch die Schwarzen, die dort mitspielten, lebten in Deutschland.
Die Dokumentation "Pagen in der Traumfabrik" macht klar, dass es sich dabei keineswegs um eine harmlose Kuriosität handelt, sondern um ein beklemmendes Stück Zeitgeschichte. Der Film zeigt anhand zahlreicher Spielfilmausschnitte - von Ernst Lubitschs "Austernprinzessin" bis hin zu Josef von Bakys "Münchhausen", welche Klischeerollen den Schwarzen jeweils zugedacht waren, vom unterwürfigen Diener bis zum primitiven "Wilden".
Und er stellt die Frage nach den Lebensbedingungen der Menschen, die auf diese Weise ihr Brot verdienen mussten. Die Antworten darauf stammen von vier Zeitzeugen, die schon als Kinder als Komparsen beim Film arbeiteten. Sie sind die letzten ihrer Generation, und doch sind sie die ersten, die bereit sind, öffentlich über diese Lebens- und Zeitgeschichte zu sprechen, die sie nur mit knapper Not überlebt haben. Sie erzählen von Alltagseindrücken in der Weimarer Zeit und im Dritten Reich, von der Eskalation der Demütigungen, Verbote und Bedrohungen - und sie machen klar, dass ihre Rollen beim Spielfilm Teil des allgegenwärtigen Rassismus waren. Schließlich erinnern sie auch an die noch unbekannte Zahl von Schwarzen Komparsen, die in Konzentrationslagern ermordet wurden.
Wiederholung, Montag, 11. März , 15.15 Uhr
Redaktion: Beate Schlanstein
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