3sat - Sonntag, 7. April 2002, 21.30 - 22.30 Uhr
Liebe auf Eis /
Film von Birgit Quastenberg
Köln (ots)
Nur eine Handvoll Eskimos leben in Deutschland. Sie verlassen nur ungern ihre arktische Heimat, denn Städte machen ihnen Angst.
Sabina Jung ist eine Inuk, eine Ureinwohnerin der Arktis aus Labrador. Die Liebe zu dem Bundeswehrsoldaten Wilfried hat sie vor sieben Jahren nach Deutschland geführt. Aber als kanadischer Eskimo ist sie für ein Leben in der arktischen Kälte besser ausgerüstet als für das Überleben im deutschen Großstadtalltag.
In "Liebe auf Eis" führt uns Sabina mit ihren geschärften Jägeraugen durch ein fremdes Deutschland, wo Sankt Martinszüge wie archaische Riten eines vergessenen Stammes wirken. Hallenbäder mit ihren Sprungbrettern erscheinen ihr unheimlich, denn ein Eskimo würde niemals schwimmen gehen. Friedhöfe werden zu Kultstätten, wo Tote keine Ruhe finden, und Fußballfans scheinen wie von einer fremden Macht gesteuert. Das Auto zu tanken, sich an einer Tankstelle mit Zapfhähnen und Tankuhren zurechtzufinden, ist für Sabina so beängstigend wie für uns Europäer die Kollision mit einem Eisberg.
Der Film geht das Abenteuer ein, Sabinas ungeübten, aber gerade dadurch überraschenden Blick auf die Fremde in ungewöhnlichen Bildern umzusetzen. Die Einstellungen wirken wie eingefrorene Momente aus einem kalten Deutschland. Sie sind so unscharf wie der Blick durch das Eis eines zugefrorenen Sees. Die Kamera erzählt Sabinas Leben in Bildern, die sonst nur noch Touristen oder Kinder wagen. Es werden andere Dinge in den Mittelpunkt gestellt, zum Beispiel die Einkaufstasche aus billigem Plastik, an die Sabina sich klammert und mit der sie auf Schnäppchenjagd geht. Es gibt Unschärfen, kantige Bildkompositionen, viel Himmel und viele Totalen, da man in der Fremde alles wahrnimmt, ohne zu filtern oder zu werten.
Redaktion: Enno Hungerland/Reinhard Wulf
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