WDR-Pressemitteilung. Hörspielpreis der Kriegsblinden für WDR 3-Produktion von Christoph Schlingensief - WDR zum dritten Mal in Folge ausgezeichnet
Köln (ots)
Die WDR 3-Produktion Rosebud von Christoph Schlingensief wird mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden für das Jahr 2002 prämiert. Damit geht die wichtigste deutsche Auszeichnung für Radiokunst zum dritten Mal in Folge an eine Produktion des Westdeutschen Rundfunks. Rosebud wurde erstmals am 4. März 2002 im Kulturradio WDR 3 (Sendereihe WDR 3 open) und anschließend im Rahmen der Hörspiel-Kooperation mit dem jungen WDR-Radio Eins Live in dessen Lauschangriff gesendet (Redaktion Martina Müller-Wallraf). WDR 3 und Eins Live übertragen das prämierte Hörspiel erneut am 7. Juli 2003 (WDR 3 open: pop drei) und am 8. Juli 2003 (Eins Live Lauschangriff). Die Filmstiftung Nordrhein-Westfalen hatte die Entstehung des Hörspiels mit einem Stipendium unterstützt.
In der Begründung der Jury heißt es, das Hörspiel Rosebud stelle dem Aberwitz der medial inszenierten Politik und der mit billigsten, marktschreierischen Zutaten operierenden Publizistik der Berliner Republik eine schrille, die hysterische Sensationsmacherei und Geschmacklosigkeit der Konzernstrategien und Boulevardschlagzeilen noch übertrumpfende Übertreibung im Akustischen entgegen (...). In dem bizarren Lärmen von Schlingensiefs Highspeed-Hörspiel sieht die Jury einen post- satirischen Realismus, mit dem der Autor seine bisherige innovative Hörspielarbeit in den Stücken Rocky Dutschke ´68 (1997) und Lager ohne Grenzen (1999) und seine operativ inszenierte Literatur konsequent fortsetzt.
Rosebud (mit Margit Carstensen, Sophie Rois, Martin Wuttke, Bernhard Schütz, Volker Spengler u.v.a.), das in einer Theaterfassung auch an der Berliner Volksbühne zu sehen war, ist ein Gleichnis über Radikalismus, Privatheit und Politisierung: Der Zeitungsverleger Rosmer geht unter im Sumpf seiner persönlichen und höchst privaten Betroffenheit; ganz im Gegensatz zu seiner Frau Margit, der Ex-Terroristin, die sich vor Radikalität in der Stunde der Weißglut förmlich selbst zerfetzt. Dazwischen changiert der Liberale Kroll. Der Antagonismus von politischem Einsatz und Rückzug ins Private, die Frage nach der Zwangsläufigkeit von Terrorismus in all seinen - auch neu erfahrenen - Dimensionen, sind dabei der zentrale Subtext dieses Hörspiels. Ganz nebenbei wird eine neue Sonntagszeitung gegründet und die Kanzlergattin entführt, schließlich die Berliner Republik und die Mediendemokratie zu Grabe getragen. Christoph Schlingensief, geboren 1960 in Oberhausen, lebt heute in Berlin und irritiert den deutschsprachigen Kultur- und Medienbetrieb mit aufsehenerregenden Inszenierungen, sowohl auf der Bühne als auch in Film, Fernsehen oder öffentlichem Raum. Jahrelang von der Kritik als Provokateur Nr. 1 kategorisiert, wehrt er selbst sich gegen eine eindimensionale Auffassung seiner meist politischen Aktionen. Zunächst als junger Underground-Filmemacher bekannt, ist er seit 1996 Hausregisseur an der Volksbühne Berlin. Parallel inszeniert er an verschiedenen anderen deutschsprachigen Bühnen. Rosebud ist sein drittes Hörspiel, das er für den WDR produzierte. Auch die beiden vorangegangenen, Rocky Dutschke 68 und Lager ohne Grenzen erhielten international angesehene Preise (Prix Futura bzw. Prix Europa).
Der Hörspielpreis der Kriegsblinden, getragen vom Bund der Kriegsblinden Deutschland e.V. und von der Filmstiftung Nordrhein- Westfalen, wird in diesem Jahr zum 52. Mal verliehen. Vorsitzender der Jury, die gemeinsam von Fachkritikern und Kriegsblinden gebildet wird, ist Jörg Drews. Der Preis wird am 7. Juli 2003 in Berlin im Bundesrat an Schlingensief überreicht.
Ein Foto von Christoph Schlingensief erhalten Sie unter www.ard- foto.de.
WDR-Pressestelle, Alexander Hack, Tel. 0221/220-4869
ots-Originaltext: WDR Westdeutscher Rundfunk
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