Gewinner des ersten Deutschen Hörbuch Preises 2003 ist "Die Reiterarmee" als "Bestes Hörbuch" - WDR und WWF wollen junges Medium Hörbuch stärken
Köln (ots)
!!! SPERRFRIST: SONNTAG, 23.3.2003, 19.00 Uhr !!!
Köln, 23.3.2003. Den erstmals ausgelobten Deutschen Hörbuch Preis in der Kategorie "Bestes Hörbuch" des Jahres 2002 erhält "Die Reiterarmee", eine Koproduktion von Mitteldeutschem Rundfunk (MDR) und DeutschlandRadio (DLR). Das Hörspiel entstand nach Erzählungen des russischen Schriftstellers Isaak Babel, der 1920 als Politkommissar und Berichterstatter am russisch-polnischen Krieg teilnahm. Doch das persönliche Kriegstagebuch Babels ist alles andere als ein Dokument der Propaganda. "Vor den Ohren und Augen", so die Jury, "entstehen durch die Intensität des Erzählens, durch den leitmotivisch wiederkehrenden musikalischen Rahmen und durch die das Ganze verbindende Geräuschkulisse Bilder von außerordentlich hoher Dichte, die die Absurdität, das Grauen des Krieges, aber auch menschliche Wärme in dieser Kälte sinnlich wahrnehmbar werden lassen." Der Preis geht posthum an den Bearbeiter und Regisseur Joachim Staritz, einen der produktivsten Hörspielregisseure der DDR und, nach 1989, der Bundesrepublik Deutschland. Joachim Staritz verstarb am 17. Mai 2001, nicht lange nach Fertigstellung der "Reiterarmee". Den Preis nimmt die Witwe des Verstorbenen, Astrid Staritz-Patellis, im Rahmen einer Gala-Veranstaltung am Sonntagabend in Köln entgegen.
Mit dem Deutschen Hörbuch Preis in der Kategorie "Beste Information" wurde "König der Könige - Eine Parabel der Macht" prämiert, eine Koproduktion von Hessischem Rundfunk (HR) und LIDO-Hörbuchverlag. Die literarische Reportage des polnischen Journalisten Ryszard Kapuscinski, die dem Hörbuch zugrunde liegt, beschreibt die letzten Jahre des äthiopischen Kaisers Haile Selassie nach Aussagen von Augenzeugen. Ausgezeichnet wurde das Hörbuch "für die bemerkenswerte Umsetzung eines Stoffes jenseits des historischen Mainstreams. Ein immer aktuelles Lehrstück über Machtsysteme und Verblendung in autoritären Systemen." Preisträger sind die Bearbeiterin Gabriele Neumann, die als freie Autorin, Lektorin und Übersetzerin in Köln lebt, und Hans Drawe, Hörfunkregisseur beim Hessischen Rundfunk.
In der Kategorie "Beste Innovation" wurde die Produktion "Fümms bö wö tää zää Uu. Stimmen und Klänge der Lautpoesie" prämiert, erschienen in der Edition Urs Engeler. Die Anthologie dokumentiert umfassend das Spektrum der internationalen Lautpoesie von den Klassikern des Genres bis zu Originalproduktionen zeitgenössischer Lautpoeten. Die Jury fand hier "das im Verhältnis von Schrift und Klang innovativste und konsequenteste Hörbuch. Schon der erste Blick auf das Buchcover, in dessen Mitte eine CD befestigt ist, bestätigt: Hier soll gehört und gelesen werden - aber anders als gewohnt." Ausgezeichnet wurde der Herausgeber Urs Engeler, der bereits vielfach als Verleger und Editor anspruchsvoller Poesie hervorgetreten ist.
Als "Beste Unterhaltung" zeichnete die Jury die Lesung des Romans "Pnin" von Vladimir Nabokov aus, eine Produktion des Senders Freies Berlin (SFB). Die tragikomische Geschichte des im Exil lebenden russischen Literaturprofessors, der sich an einem amerikanischen College zu behaupten versucht, zeigt nach dem Urteil der Jury in vorbildlicher Weise, "wie Unterhaltung aussehen kann, wenn sie, aus Respekt vor dem Publikum, nicht auf das schon Gekannte, auf schnelle Lacher zielt." Der Preis wurde dem Vorleser, dem Schauspieler Ulrich Matthes zugesprochen, dessen Vortragsart dem Roman "auf dem schmalen Grat zwischen Tragödie und Farce folgt".
Den Deutschen Hörbuch Preis für "Beste Interpretation" erhielt die Schauspielerin Senta Berger für ihre Darstellung des "Fräulein Else". Das Hörbuch, erschienen bei Kein & Aber Records, basiert auf der gleichnamigen Novelle von Arthur Schnitzler, die in monologischer Form den Gewissenskonflikt eines jungen Mädchens beschreibt. "Senta Berger gibt diesem vielstimmigen inneren Monolog eine einzige, einzigartige Stimme", urteilte die Jury. "Arthur Schnitzlers Text hat seinen authentischen Ton gefunden: Frau Senta Berger ist Fräulein Else." Senta Bergers Rezitationsprogramm "Fräulein Else" wurde bereits von der Theaterkritik hochgelobt.
Der Deutsche Hörbuch Preis wird vom Westdeutschen Rundfunk und der Westdeutschen Rundfunkwerbung GmbH (WWF) ausgelobt. Mit ihm werden jeweils die besten Produktionen des Vorjahres prämiert. Ziel des Hörbuchpreises ist es, das junge Medium Hörbuch zu stärken und dem interessierten Publikum eine Auswahl der besten Produktionen eines Jahres zu empfehlen. Die Preise werden auf der Achluss-Gala des Internationalen Literaturfestivals lit.COLOGNE am Sonntagabend in Köln überreicht. Das Preisgeld beträgt insgesamt 20.000 Euro.
Der Jury-Vorsitzende Thomas Böhm, Programmleiter des Kölner Literaturhauses, zeigte sich beeindruckt von der hohen Qualität der rund 300 Wettbewerbsbeiträge, von denen 27 Hörbücher für die Endausscheidung nominiert wurden. Für ihn hat der Wettbewerb eine wichtige Funktion zur Entwicklung von Qualitätskriterien. "Am Beispiel der Preisträger", so Böhm, "zeigt sich insbesondere, dass es nicht immer die aufwändigen, vielfach beworbenen Produktionen sind, die die höchste Aufmerksamkeit verdienen. Inszenierung, Vortragsweise, Dramaturgie, äußere Gestaltung des Hörbuchs - entlang dieser Kriterien verliefen die Diskussionen der Jury."
Für WDR-Hörfunkdirektorin Monika Piel,zugleich Schirmherrin des Deutschen Hörbuch Preises, ist die Auszeichnung die konsequente Fortsetzung bereits bestehender Bemühungen der ARD-Anstalten, das Medium Hörbuch zu fördern. "Nicht zuletzt auf vielfachen Wunsch von Radiohörern, bestimmte Sendungen noch einmal zu hören, hat die ARD zahlreiche der am häufigsten nachgefragten Produktionen als Hörbücher publiziert. Mit der Auslobung dieses Preises sind wir nun einen Schritt weiter gegangen, um dem Medium Hörbuch ein noch breiteres Publikum zu erschließen und damit insbesondere auch jüngere Leute für Hörspiele, Literatur und ganz allgemein für Kultur zu gewinnen."
Weitere Informationen zum Deutschen Hörbuch Preis finden Sie auf der Internet-Seite www.der-deutsche-hoerbuchpreis.de
Fotos der Preisträger sind im Internet verfügbar unter www.ard-foto.de
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