ARD medienpreis CIVIS im Berliner Schloss Bellevue verliehen
Köln (ots)
ARD medienpreis CIVIS im Schloss Bellevue an sechs Autoren und Journalisten verliehen
Berlin, 4.11.2003. Bundespräsident Johannes Rau und der Präsident des Europäischen Parlaments, Pat Cox haben heute den erstmals verliehenen europäischen ARD medienpreis CIVIS an sechs Autoren und Journalisten überreicht. Mit dem Preis werden Hörfunk- und Fernsehproduktionen ausgezeichnet, die sich in besonders herausragender Weise mit den Themen Zuwanderung, Integration und kulturelle Vielfalt in Europa beschäftigen. "Jeder Beitrag, den wir heute prämieren, hat die europäische Integration ein kleines Stück vorangetrieben", sagte Bundespräsident Rau bei der Veranstaltung am Dienstagabend im Berliner Schloss Bellevue. Cox sagte, unter dem bald erweiterten Dach der EU werde das kulturelle Erbe Europas für viele Menschen in Ost und West leichter zugänglich sein. Die kulturelle Vielfalt werde den Europäern aber nicht geschenkt, sie müsse gegen vielfältige Vorurteile, Gefahren und Konflikte verteidigt werden.
Der ARD-Vorsitzende, NDR-Intendant Jobst Plog verwies auf die zentrale Rolle der elektronischen Medien im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung. "In der Verantwortung von Hörfunk und Fernsehen liegt es, komplexe gesellschaftliche und politische Ereignisse aufzuzeigen, ohne zu polarisieren und die Wirklichkeit zu verzerren". Der Kuratoriumsvorsitzende der CIVIS-Medienstiftung, WDR-Intendant Fritz Pleitgen betonte, "mit dem Medienpreis CIVIS werden Autoren und Journalisten ermutigt, sich mit den Themen Zuwanderung, Integration und kulturelle Vielfalt auseinanderzusetzen. Wir prämieren aber kein Gutmenschentum, sondern erstklassige journalistische Beiträge, die für andere Vorbild sein können."
Der ARD medienpreis CIVIS wurde von drei Jurys unter Vorsitz von Iris Berben, Frank Elstner und Johannes Grotzky in sechs Kategorien für Hörfunk und Fernsehen vergeben:
Der Deutsche CIVIS-Fernsehpreis 2003 in der Kategorie Information ging an den Film- und Fernsehautor Claus Strigel für seine Dokumentation "Planet Hasenbergl - Lichtblicke in der Münchner Bronx" (Bayerischer Rundfunk, 2002). Der Film dokumentiert das Leben in der Münchener Trabantensiedlung Hasenbergl, in der Menschen aus ganz Europa auf engstem Raum konfliktträchtg zusammenleben. Vorgestellt wird das Engagement einer Sonderschullehrerin, die den Kindern und Jugendlichen hilft, ihren Selbstwert zu entdecken. Aus der Jury-Begründung: "Claus Strigel zeigt in seiner ungewöhnlichen Dokumentation eine Wirklichkeit, die viel schlimmer ist, als filmische Mittel sie darstellen können. ... Die Dokumentation ist ein herausragendes Beispiel für den Respekt vor der Andersartigkeit des Anderen und dem Engagement einer einzelnen Lehrerin."
Der Deutsche CIVIS-Fernsehpreis 2003 in der Kategorie Unterhaltung ging an die Filmautorin Buket Alakus für ihren Spielfilm "Anam - Meine Mutter" (Zweites Deutsches Fernsehen, 2003). Der Film handelt von Anam, einer 40-jährigen türkischen Ehefrau, Mutter und Putzfrau in Hamburg, die sich ein Leben außerhalb der Traditionen nicht vorstellen kann und doch die Konventionen hinter sich läßt, um ihren drogenabhängigen Sohn aus dem Drogenmilieu zu befreien. Aus der Jury-Begründung: "Buket Alakus gibt in ihrem Spielfilm Einblick in die Innenwelt einer türkischen Familie. Der Film besticht durch seine humorvolle, augenzwinkernde und zum Teil herzzerreißende Fähigkeit, den Zuschauer miterleben zu lassen. Anam - meine Mutter ist großes emotionales Kino...".
Der Europäische CIVIS-Fernsehpreis 2003 in der Kategorie Information wurde an die Fernsehautoren Marc Wiese und Karl Hoffmann für ihre Dokumentation "Die story - Flucht in den Tod. Das Dorf, das Meer und das Schweigen" (Westdeutscher Rundfunk, 2002) überreicht. Der Film schildert die Ereignisse rund um die größte Schiffskatastrophe der Nachkriegszeit im Mittelmeer und den Tod von 283 Flüchtlingen, die Weihnachten 1996 von Menschenschmugglern in stürmischer See in kleinen Holzbooten ausgesetzt wurden. Aus der Jury-Begründung: "Die investigative Leistung der Autoren beruht nicht nur darin, dass sie den zeitweiligen Verfall der Menschlichkeit durch akribische Recherche dokumentieren konnten. Sie haben einen eindringlichen Film geschaffen, auf hohem ästhetischen Niveau. Eine herausragende journalistische Leistung zum Thema Einwanderung".
Der Europäische CIVIS-Fernsehpreis 2003 in der Kategorie Unterhaltung ging an die britischen Fernsehautoren Richard Pinto, Sharat Sardana, Sanjeev Bhaskar für eine Folge der Talkshow *The Kumars at No 42" (BBC, 2002). Im Mittelpunkt der britisch-indischen Talkshow steht die Familie Kumar, deren Sohn in einem Fernsehstudio auf der Rückseite des Elternhauses prominente Gäste interviewt. In der prämierten Folge unterhält sich die Familie mit dem Schauspieler Stephen Frey über die Verdummung der Kultur und mit der britischen Opersängerin Leslie Garett über ihren Aufstieg aus dem Arbeitermilieu. Aus der Jury-Begründung: "Die Comedy-Talkshow zeigt mit typisch britischem Humor wie man miteinander und nicht übereinander lacht. Stereotypen und Klischees beider Kulturen werden effektsicher gegenübergestellt. Der Umgang mit ausländischen Mitbürgern oder Menschen anderer kultureller Herkunft wirkt selbstverständlich. ..."
Der Deutsche CIVIS-Hörfunkpreis 2003 in der Kategorie Unterhaltung ging an den schwedischen Hörspiel- und Theaterdramaturg Erik Uddenberg für seine Hörspielbearbeitung "Zeit im Dunkeln" (Norddeutscher Rundfunk, 2003). Das Stück handelt von einem Vater und seiner Tochter, die beide aus einem unbekannten Land nach Schweden geflüchtet sind und auf ihre Weiterreise in die USA oder nach Kanada warten. Den Vater beschäftigt die Vergangenheit, die Tochter interessiert die Zukunft. Aus der Jury- Begründung: "Emigration in die Illegalität ist das Thema dieses Hörspiels, das in bedrückender Dichte die Not von Menschen schildert, die aus Afrika nach Europa geschleust wurden. Das Zwei- Personen-Stück nimmt den Hörer gefangen durch den Generationenkonflikt zwischen einem Vater mit seiner Tochter und den Wandel im familiären Autoritätsgefüge..."
Den Deutschen CIVIS-Hörfunkpreis 2003 in der Kategorie Information bekam die in Italien geborene Hörfunkautorin Maria Consiglia Squillante für ihr Feature "Notruf. Eine türkische Ärztin auf dem Kiez" (Südwestrundfunk, 2003). Das Feature schildert den nächtlichen Einsatz einer türkischen Notärztin in Hamburg, wobei der Hörer viel über die Lebensumstände der zumeist ausländischen Patienten erfährt. Aus der Jury-Begründung: "Die akustisch miterlebte muttersprachliche Betreuung ausländischer Mitbürger macht deutlich, dass gerade hier ein großer Nachholbedarf besteht. ... Die Zuhörer werden authentisch in das Geschehen mit einbezogen und vollziehen einen Erkenntnisprozess gegenüber den Entfaltungsmöglichkeiten, die - hier beispielhaft - türkischen Mitbürgerinnen offen stehen, wenn wir sie in dieser Rolle akzeptieren."
Der ARD medienpreis CIVIS ist mit insgesamt 30.000 Euro dotiert. An dem Wettbewerb haben sich insgesamt 38 europäische Radio- und Fernsehsender mit 163 Programmbeiträgen beteiligt. 14 Hörfunk- und Fernsehbeiträge kamen in die engere Auswahl, aus denen die Preisträger ermittelt wurden.
(Sendetermin-Änderung: Die Übertragung der CIVIS-Preisverleihung im Ereignis- und Dokumentationskanal PHOENIX hat sich kurzfristig geändert. Neuer Ausstrahlungstermin: Dienstag, 11. November 17.15 Uhr)
Ihre Fragen beantwortet: Uwe-Jens Lindner, WDR-Pressestelle Tel. 0173/5469044
ots-Originaltext: WDR Westdeutscher Rundfunk
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