UNHCR zum Asyl-Widerruf
Berlin (ots)
Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) sieht im gestrigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum Widerruf einer Asylanerkennung eine Aufspaltung des internationalen Flüchtlingsschutzes in Deutschland. UNHCR begrüßt jedoch die Klarstellung des Gerichts zur Frage der Sachaufklärung einer möglichen Verfolgungsgefahr.
Das BVerwG hat am 1. November entschieden, dass es in Deutschland für die Beendigung des Flüchtlingsschutzes ausschließlich auf den grundlegenden und dauerhaften Wegfall der Verfolgung im Herkunftsland ankommt. Allgemeine Gefahren, die der Rückkehr des Flüchtlings entgegenstehen, seien nur im Rahmen der ausländerrechtlichen Abschiebeschutzregelungen zu berücksichtigen.
Diese Entscheidung wird nach UNHCR-Auffassung der Genfer Flüchtlingskonvention nicht gerecht. Nach dem Abkommen kann eine Beendigung des Flüchtlingsschutzes erst erfolgen, wenn der Flüchtling es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz seines Heimatstaates anzunehmen.
Nach Ansicht von UNHCR kommt es damit darauf an, ob die Betroffenen tatsächlich auch wirksamen Schutz durch die Behörden ihres Heimatlandes erhalten können. Dies ist Voraussetzung dafür, dass die Betroffenen in Sicherheit und Würde zurückkehren können.
Ziel der Genfer Flüchtlingskonvention ist es, einen Status zu schaffen, der nicht ständig überprüft wird. Andernfalls würde das Gefühl der Sicherheit beeinträchtigt, das der internationale Flüchtlingsschutz den Betroffenen vermitteln soll.
Die derzeitige Widerrufspraxis in Deutschland verdeutlicht diese Problematik. Beispiel Irak: Die Innenministerkonferenz erachtet eine Rückkehr in den Irak wegen des Fortbestehens der allgemeinen Gefahren als nicht zumutbar. Gleichzeitig verlieren derzeit tausende Iraker ihre Anerkennung als Flüchtlinge in Deutschland.
Dies führt zu einer erheblichen Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen. So droht ihnen konkret der Verlust ihres legalen Aufenthalts sowie des Arbeits- oder Ausbildungsplatzes. Insgesamt ist es deshalb zu einer großen Verunsicherung unter den in Deutschland lebenden irakischen Flüchtlingen gekommen.
Das BVerwG entschied gestern über den Fall eines afghanischen Flüchtlings. Die Richter haben ihn zur weiteren Aufklärung der Frage, ob in Afghanistan eine Verfolgungsgefahr tatsächlich nicht mehr gegeben ist, an das Oberverwaltungsgericht Schleswig zurückverwiesen.
Damit machte das BVerwG deutlich, dass die Gerichte und die Verwaltung im vorliegenden Fall ihrer Pflicht zur individuellen Sachverhaltsaufklärung nicht ausreichend nachgekommen sind. Diese Einschätzung trifft nach Beobachtungen von UNHCR auf eine Vielzahl der gegenwärtig entschiedenen Widerrufsfälle zu.
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Stefan Telöken
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