FZ: Die großen Baustellen bleiben
Kommentar der "Fuldaer Zeitung" (Samstagausgabe, 13. August 2011) zur Halbzeitbilanz von Schwarz-Gelb in Hessen
Fulda (ots)
Eines muss man dem schwarz-gelben Bündnis in Wiesbaden wirklich lassen: Im Vergleich zum Dauerzwist zwischen den gleich gefärbten Koalitionären in Berlin oder München arbeiten CDU und FDP in Hessen geräuschlos und effektiv. Es spricht dabei für sich, dass aus der ersten Hälfte der hessischen Legislaturperiode wohl nur jener Paukenschlag vom vergangenen Sommer in Erinnerung geblieben sein dürfte, als Roland Koch das Amt des Ministerpräsidenten und des CDU-Landeschefs nach mehr als zehn Jahren aufgab, um in der Bauwirtschaft eine neue Herausforderung zu suchen. Seither müht sich Kochs Nachfolger Volker Bouffier, die bewährten Strukturen und auch den Schmusekurs mit dem liberalen Koalitionspartner fortzuführen - und dabei dennoch einen eigenen Regierungsstil zu finden. Das ist ihm an einigen Ecken gelungen, etwa wenn er bei Schuldenbremse und Energiewende auf einen politischen Konsens über Parteigrenzen hinweg setzt und auch andere gesellschaftliche Gruppen einbindet. Inhaltlich ist die Halbzeitbilanz ein Dokument der Beharrlichkeit und Kontinuität. Viele Projekte aus dem Koalitionsvertrag sind inzwischen abgehakt, anderes ist auf den Weg gebracht. Die großen Baustellen aber werden bleiben: so etwa die Haushaltslage, die sich nicht zuletzt durch das 2008/2009 in Eile geschnürte milliardenschwere Sonderinvestitionsprogramm dramatisch zugespitzt hat. Auch mit den Kommunen dürften noch massive Verteilungskämpfe bevorstehen. Und in der Bildungspolitik ist der von Bouffier propagierte "Schulfrieden" wohl nur von kurzlebiger Natur: Schließlich werden die zusätzlichen Lehrerjobs mit Kürzungen an anderer Stelle teuer erkauft. Auch stellt sich die Frage, ob "viel Personal" an Schulen auch heißt: "gutes Personal". Ganz und gar schwammig werden die Koalitionäre in Sachen Demografie: Angesichts aussterbender Dörfer und schleichender Vergreisung ganzer Siedlungen am Stadtrand fällt Schwarz-Gelb nicht viel mehr ein als eine wolkige neue Landesstiftung. Die FDP könnte indes von der auf fünf Jahre verlängerten Wahlperiode in Hessen am meisten profitieren - weil sie die gegenwärtige Schwächephase der Partei mit ihrem guten Ergebnis von 2009 im Rücken locker bis zu nächsten Wahl überbrücken kann. Sollten es die Liberalen jedoch bis 2013/14 nicht schaffen, wieder mehr Wähler zu überzeugen, dann wäre eine Klatsche wirklich verdient. Und die CDU müsste sich rechtzeitig nach Alternativen umsehen.
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