AOK: Elektronisches Rezept statt Pflichtpass
Bonn (ots)
Der AOK-Bundesverband hat heute Pläne der Bundesregierung, einen elektronischen Arzneimittelpass als Pflichtdokument einzuführen, als teuren Irrweg entschieden abgelehnt. AOK-Vize Rolf Hoberg forderte stattdessen von der Bundesregierung die Einführung des elektronischen Rezeptes. Das Konzept hierzu sei im Juni 2001 von den Spitzenverbänden der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der ABDA unter Beteiligung des Bundesministeriums für Gesundheit verabschiedet worden. (http//atg.gvg-koeln.de)
Dr. Rolf Hoberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes erklärte: "Ein Arzneimittel-Pflichtpass ist eine Sackgasse. Er führt weder zu mehr Arzneimittelsicherheit noch zu einer qualitativ besseren Arzneimitteltherapie, sondern verursacht nur milliardenschwere, nutzlose Mehrkosten für die Einführung der Karte und die Ausstattung mit der entsprechenden Hard- und Software." Auch die Datenschutz-Risiken sprächen gegen den Pflichtpass: Hoberg: "Wer möchte schon seine Arzneistory neben der EC-Karte ständig im Geldbeutel mit sich herumtragen?"
Der Pflichtpass dokumentiere, welche Medikamente die Apotheke an die einzelnen Patienten abgibt. Damit könne der Patient weder zuverlässig vor schlechten Arzneimitteln geschützt werden noch schnell gewarnt werden, wenn gefährliche Wechselwirkungen und Nebenwirkungen seiner Medikamente entdeckt werden.
Hoberg: "Optimalen Patientenschutz bringt eine schnelle, elektronische Datenübermittlung zwischen Arzt, Apotheker und Krankenkasse.
Die Papierrezepte sollten abgelöst werden durch elektronische Rezepte.
Bei dem elektronischen Rezept wird die Arzneimittelverordnung des Arztes direkt auf einem entsprechend datengeschützten Gesundheitsserver hinterlegt. Der Patient autorisiert per Pin Nummer den Apotheker seiner Wahl zur Einsicht in die auf der Datenbank abgelegte Arzneimittelverordnung des Arztes. Auf diese Weise können auch Verordnungen im Krankenhaus erfasst werden. Entstehe der Verdacht, dass es bei einem Präparat in auffälliger Häufigkeit zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt, so könne mit einer entsprechenden Datenaufbereitung der Verdacht umgehend geprüft werden und die Ärzte der Patienten könnten sofort informiert werden. Mit dem Pflichtpass sei dies nicht möglich.
Der Gesetzgeber sollte daher statt des Pflichtpasses das elektronische Rezept einführen und dabei auch durch entsprechende Datenschutz-Regelungen den Schutz personenbezogener Daten sicherstellen. Dass dieser Weg besser funktioniere und man hier auf bestehende Leistungen aufbauen könne, habe die AOK bewiesen. Als einzige Krankenkasse könne die AOK bereits heute die ihr anonymisiert vorliegenden Arzneimitteldaten ihrer Versicherten mittels einer speziellen Software auf widersprüchliche Verordnungen hin überprüfen. Sie habe diese Möglichkeit genutzt, um Ärzte zu informieren, die das Arzneimittel Lipobay zusammen mit Genfibrozil oder einem anderen, gefährliche Nebenwirkungen auslösenden Arzneimittel verordnet hätten.
Reformen sind nach Ansicht der AOK auch bei der staatlichen Aufsicht über den Arzneimittelsektor notwendig. Die Zulassung von Medikamenten durch die zuständige Behörde müsse verschärft werden. Künftig sollte auch berücksichtigt werden, dass Medikamente heute häufig in früheren Krankheitsstadien vom Arzt verschrieben und von den Patienten länger eingenommen werden. Außerdem werde derzeit zu wenig beachtet, dass Kranke oft mehrere Medikamente parallel einnehmen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte müsse personell, fachlich und finanziell deutlich gestärkt werden, damit es eigene Studien zur Überprüfung der Herstellertests durchführen oder in Auftrag geben könne.
Hoberg forderte weiter eine stärkere Kontrolle über die Präparate nach der Einführung und während der Einnahme durch immer mehr Patienten. Unter der Führung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) müsse ein Frühwarnsystem für den Arzneimittelbereich aufgebaut werden.
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