Neuregelung der Vertragsärztlichen Gebührenordnung (EBM): Kassen
stärken Position des Hausarztes
Kooperation statt Konkurrenz von
Haus- und Fachärzten
Berlin (ots)
Gemeinsame Presseerklärung
AOK-Bundesverband, Bonn Bundesverband der Betriebskrankenkassen, Essen Bundesverband der Innungskrankenkassen, Bergisch Gladbach See-Krankenkasse, Hamburg Bundesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen, Kassel Bundesknappschaft, Bochum Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V., Siegburg AEV - Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V., Siegburg
Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen haben heute in Berlin dem Reformvorschlag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) einen eigenen Vorschlag zur Neuregelung der Gebührenordnung entgegen gesetzt. Mit ihrem Reformvorschlag wollen die Kassen erreichen, dass die Rolle des Hausarztes als Lotse durch das Gesundheitssystem gestärkt wird, Hausärzte und Fachärzte besser kooperieren und teuere Medizintechnik künftig vor allem durch Praxisgemeinschaften effizient genutzt wird. Erreichen wollen die Kassen insgesamt eine Verbesserung der Qualität der Versorgung und mehr Leistungsgerechtigkeit. Die Kassen hoben hervor, dass nur ihr Reformvorschlag finanzierbar sei, während aus dem Vorschlag der KBV allein aus der Anwendung eines völlig unrealistischen Punktwertes statt des derzeitigen Durchschnittspunktwertes ein Finanzierungsmehrbedarf von rund 25 % resultiere.
Am 12. November 2002 werde nun der nach den gesetzlichen Regelungen zuständige Bewertungsausschuss über die Vorschläge der Kassen und der KBV abstimmen. Da die Kassen derzeit eine Einigung im Bewertungsausschuss für wenig wahrscheinlich halten, rechnen sie mit dem Verweis der Reformvorschläge in den erweiterten Bewertungsausschuss.
Die Stärkung des Hausarztes wollen die Kassen in ihrem Reformvorschlag u.a. durch die Einführung einer Strukturpauschale realisieren. Diese soll der Hausarzt künftig zusätzlich zur hausärztlichen Grundvergütung für jeden Versicherten erhalten, der ihn als Hausarzt gewählt hat. Weiter soll der besondere Beratungs- und Betreuungsaufwand in der hausärztlichen Versorgung durch die Einführung eines "hausärztlichen Gesundheitsgesprächs" in den EBM berücksichtigt werden.
Abgelöst werden soll auch die für die Patienten unzuträgliche Konkurrenz zwischen Hausärzten und Fachärzten um bestimmte Behandlungen durch eine klare Strukturierung der Versorgungsaufträge. Eine Reihe von Leistungen soll der Facharzt künftig nur noch dann abrechnen können, wenn er dem Hausarzt darüber berichtet.
Durch Zusammenfassung von bisherigen Einzelleistungen zu Leistungskomplexen wollen die Kassen den Verwaltungsaufwand für die Arztpraxis verringern und eine bessere Mengensteuerung erreichen. In den Komplexen wird unterschieden zwischen Leistungen, die immer erbracht werden müssen und Leistungen, über deren Notwendigkeit im einzelnen Behandlungsfall entschieden werden muss.
Außerdem sieht der Kassenentwurf eine Neubewertung der technischen Leistungen vor. Solche Leistungen sollen künftig für Ärzte nur noch bei Spezialisierung oder gemeinschaftlicher Leistungserbringung wirtschaftlich interessant sein. Damit wollen die Kassen erreichen, dass durch die Spezialisierung die Qualität der Leistung zunimmt und gleichzeitig durch hohe Auslastung der Technik auch die Wirtschaftlichkeit.
Erstmals enthält der Kassenentwurf Leistungskomplexe, die die Behandlung und Betreuung von Patienten mit chronischen Erkrankungen regeln und vergüten. Die Komplexe sollen zunächst nur für die Versorgung von Patienten mit Diabetes gelten, weil bisher nur für diese Erkrankung allgemein anerkannte medizinische Behandlungsleitlinien vorliegen.
Die Kassen appellierten an die KBV, zu einer Linie der wirtschaftlichen Vernunft zurückzufinden und gemeinsam mit den Kassen die Gebührenordnung im Interesse einer besseren Versorgung weiter zu entwickeln. In diesem Zusammenhang verwiesen die Kassen darauf, dass die beiden Vorschläge von KBV und Kassen hinsichtlich der Struktur der Gebührenziffern auf Verhandlungsergebnissen beruhen, die bis Ende 2001 gemeinsam erzielt worden seien. Dieser erreichte Konsens sei dann durch die KBV einseitig aufgekündigt worden, weshalb weitere Verhandlungen nicht mehr hätten stattfinden können.
Beide Vorschläge beruhen nach wie vor auch auf einheitlichen Kalkulationsregeln, die ursprünglich die KBV unter Bezugnahme auf das System "Tarmed" aus der Schweiz übernommen hatte. Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben die Berechnungsregeln im Zuge der gemeinsamen Verhandlungen analysiert und sie anschließend hinsichtlich der normativen Grundannahmen überprüft und zum Teil korrigiert. Die Korrekturen betrafen vorrangig die Annahmen über die bei den einzelnen Leistungen benötigte Zeit des Arztes und der Praxis sowie einige betriebswirtschaftlich nicht vertretbare Ansätze seitens der KBV.
Die Kalkulationsregeln, die KBV und die Spitzenverbände benutzt haben, arbeiten mit normativen Vorgaben, denn Ziel des EBM sei nicht die Findung von Preisen, sondern die Ermittlung eines Wertverhältnisses der Leistungen zueinander. Das sei mit einheitlichen Kalkulationsregeln zu erreichen.
Mit ihrem Bewertungsvorschlag, das betonten die Kassen, werde eine EBM-Reform vorgeschlagen, die auch finanzierbar ist. Die Bewertungsvorschläge der KBV würden zu Ausweitungen des Abrechnungsvolumens um zusätzlich mindestens 20 % führen. Dieser Anstieg sei auf den überhöhten Ansatz des Arzteinkommens und zu hohe Zeitvorgaben für die einzelnen Leistungen zurückzuführen
Im Interesse der Ärzte und der Patienten werden die Kassen auch weiter darauf bestehen, wie bisher vereinbart neue EBM-Regelungen vor einer bundesweiten Einführung regional zu testen. Eine völlig neue Gebührenordnung sei in ihren Auswirkungen nicht im vorhinein perfekt zu kalkulieren. Da das Leistungsverhalten unter dem neuen EBM der Ärzte nicht präzise prognostizierbar sei und ein neuer EBM auch noch auf 23 unterschiedliche Honorarverträge und Honorarverteilungsmaßstäbe treffe, sei eine Testphase unverzichtbar.
Diese Pressemitteilung und den EBM-Entwurf finden Sie auch im Internet unter www.g-k-v.com.
Federführend für die Veröffentlichung: AOK-Bundesverband, Bonn, 06.11.2002 Kortrijker Straße 1, 53177 Bonn
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