Irakischer Atomphysiker: Saddams geheime Todeslabore arbeiten weiter auf Hochtouren
Der 1994 in die USA geflüchtete Wissenschaftler geht von derzeit 15.000 Beschäftigten im Atomprogramm aus
München (ots)
Der ehemalige Chef des irakischen Kernwaffenprogramms, Khidhir Hamza, hat vor anhaltend starken Bemühungen Saddam Husseins beim Bau von Atomwaffen gewarnt. In einem Exklusiv-Interview der Zeitschrift "Playboy" Deutschland sagte der 1994 in die USA geflohene Atomphysiker, für Saddam gehe es nicht darum, ein oder zwei Bomben zu besitzen, "sondern so viele, dass man den Irak als Nuklearmacht ernst nimmt". Es gehe darum, genügend Uran zu produzieren, um über ein Waffenarsenal zu verfügen, mit dem er Druck ausüben könne. "Für das Ziel, unbegrenzt Nuklearwaffen herzustellen, gibt Saddam jährlich Milliarden aus", sagte der Wissenschaftler. Die Zahl der Beschäftigten sei von 7000 im Jahr 1971 auf 12.000 bei seiner Flucht vor sechs Jahren gestiegen. "Ich gehe von derzeit 15.000 Beschäftigten aus. Es ist das größte Atomprogramm im gesamten Mittleren Osten, abgesehen von Israel vielleicht."
Gefragt, was die Entwicklung der Anlagen so schwer mache, sagte Hamza: "Zunächst ist es wegen der Überwachung durch die ausländischen Kontrollkomissionen schwer, die Bomben zu testen." Sollte Saddam es trotzdem schaffen und der Test verlaufe negativ, hätte das einen umgekehrten Effekt. "Keiner würde Saddam mehr ernst nehmen. Etwas Schlimmeres kann ihm nicht passieren." Hinzu komme das Problem, dass es ein Unterschied ist, ob man eine Bombe testet oder sie auf ein konkretes Ziel richtet. Saddam müsse also eine Waffe bauen, die so kompakt ist, dass sie auf eine Flugrakete passt. "Und dieser Prozess dauert seit dem Golfkrieg an." Das Design stehe. "Als ich 1994 das Land verließ, arbeiteten wir gerade an Simulationen."
Von den Aktivitäten dringt nach den Worten des Wissenschaftlers nichts nach draußen, weil der irakische Geheimdienst nicht nur die Wissenschaftler, sondern auch deren Familien beobachte. "Wenn ich bei meinen Geschäftsreisen im Ausland etwas ausgeplaudert hätte, wären meine Frau und meine Kinder in allergrößter Gefahr gewesen." Es sei sogar für ausländische Agenten ein Risiko, ihre Entdeckungen weiter zu geben. "Denn wenn man herausfand, wer irakische Staatsgeheimnisse gelüftet hatte, hätte man ein Exempel an ihm, seiner Familie, all seinen Verwandten und Bekannten statuiert." Das sei der Grund, warum die meisten geflohenen Iraker nicht redeten, selbst wenn sie ihre Familien dabei hätten.
Die Materialbeschaffung sei heute nicht mehr so problemlos wie vor dem Golfkrieg, berichtet der Wissenschaftler. "In Deutschland wurden einige unserer Partner inhaftiert, und der europäische Markt wurde daraufhin sehr viel vorsichtiger." Der internationale Schwarzmarkt sei aber immer noch intakt. Es gebe zum Beispiel immer noch eine Connection, die von Russland aus organisiert werde "und sich über viele Länder zerstreut". Geld zähle mehr als Moral. "Und sobald die Erinnerung an den Golfkrieg verblasst ist, werden auch die alten Kontakte zu Europa wieder aufleben", meint Hamzar.
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