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"Die Stellschrauben auf mehr Freiheit drehen"/ Ärztepräsident Hoppe warnt vor 'Ökonomismus' im Gesundheitswesen

Berlin (ots)

"Die  Ärzteschaft setzt sich ein für eine Reform
der gesetzlichen  Krankenversicherung,  die auch in Zukunft eine
individuelle Gesundheitsversorgung für alle ermöglicht. Die
Ärzteschaft ist zu konstruktiver  Mitarbeit bereit", sagte heute
Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe in seiner
Rede vor den Delegierten und Gästen des Außerordentlichen Deutschen
Ärztetages in Berlin. Zugleich warnte er die  Bundesregierung  vor
einem  "Paradigmenwechsel in die Staatsmedizin": "Wir  müssen  die
Stellschrauben des Systems auf mehr Freiheit drehen. Was wir nicht
brauchen sind staatliche Bevormundung, außenstehende Experten und
Krankenkassenkommissare in der Medizin", so Hoppe. Bei der
anstehenden Reform müsse es wieder um Patientenbehandlung und nicht
um Krankheitsverwaltung gehen. "Wir brauchen endlich vernünftige
Arbeitsbedingungen, unter denen gute Medizin wieder möglich wird. Es
muss Schluss sein mit der Schizophrenie, Ärzte als Halbgötter zu
beschimpfen, aber zugleich zu erwarten, dass sie so arbeiten", sagte
Hoppe.
Die Ärzteschaft habe diesen Außerordentlichen Deutschen 
Ärztetag einberufen, weil die Neuausrichtung des Sozialstaates  die 
größte innenpolitische Herausforderung seit der Deutschen Einheit
sei. "Nur wenn es gelingt, jetzt die richtigen Entscheidungen in
elementaren Fragen der Gesundheitsversorgung und der sozialen
Gerechtigkeit zu treffen, wird der soziale  Friede in Deutschland auf
Dauer gesichert werden können", so der Ärztepräsident. Die größte
Gefahr sieht Hoppe in dem immer weiter um sich greifenden Denken  
der Kosten-Nutzen-Analyse. "Wenn sich dieser 'Ökonomismus' mit
Grenznutzenrechnung in der Versorgung kranker Menschen breit macht,
dann sind wir auf einer ethischen Talfahrt, an deren Ende die
Verfügbarkeit menschlichen Lebens stehen könnte - so weit dürfen wir
es nie kommen lassen", mahnte Hoppe.
Vor allem sei eine Reform nötig, die dem Versorgungsbedarf des
Patienten gerecht werde. "Wir können bei derart begrenzten Ressourcen
nicht länger für die unbegrenzten Leistungsversprechen der Politiker
einstehen. Und wir können und wollen auch nichtlänge diese Lebenslüge
der gesetzlichen Krankenversicherung  durch  unser  Engagement
kompensieren", betonte Hoppe.
Die Proteste und Kundgebungen der Ärzte und Gesundheitsberufe in
den letzten Wochen hätten gezeigt, dass die Basis des
Gesundheitswesens dies nicht mehr mitmache. Die deutsche Ärzteschaft 
verfalle aber nicht in Larmoyanz. "Wir wollen uns aktiv am
Reformprozess beteiligen. Wir haben Vorschläge,  die es lohnt zu
diskutieren - weil sie ehrlich sind und uns in der Sache
weiterbringen", so Hoppe.
Herausragender Bedeutung komme dabei der integrierten ärztlichen
Versorgung zu. Die bisherigen Grenzen zwischen ambulanter und
stationärer Behandlung und die getrennten Budgets müssten zu Gunsten
einer durchgängigen Betreuung des Patienten überwunden werden. Auch 
die "modellhafte Erprobung freiwilliger  Hausarzttarife" unterstützte
Hoppe. Eine wirkliche Gefahr für die Patientenversorgung  sieht  der
BÄK-Präsident aber in der Absicht, die ambulante fachärztliche  
Versorgung abzubauen. Dadurch seien bisher Wartelisten verhindert 
und eine gute und wohnortnahe Versorgung mit spezialärztlichen 
Leistungen gesichert worden. "Darum beneiden uns die Menschen im
Ausland."
Die Ärzteschaft sei "kein  Klub von Neinsagern". "Unsere
Alternative zur staatlich induzierten Medizin nach Schema F ist
konstruktiv. Wir wollen weder Mindeststandards noch Minderstandards.
Wir wollen eine qualitativ hoch stehende Medizin. Dazu werden wir das
nationale Leitlinien-Programm der Bundesärztekammer ausbauen",   
unterstrich Hoppe. Das von Bundesgesundheitsministerin  Ulla  Schmidt
 geplante  "Deutsche Zentrum für Qualität  in  der Medizin" sei
dagegen der Versuch, eine "Bundesanstalt für Krankheitsverwaltung" 
zu installieren. Die Ärzte müssten dann in der täglichen Praxis
ausbaden, was "politisch gesteuerte Theoretiker vorgeben".
"Vom Freien Arzt zum Erfüllungsgehilfen der Staatsmedizin - da
sage ich: Mit uns nicht! Nie und nimmer!", stellte Hoppe klar.
Rückfragen  bitte an: Pressestelle der deutschen Ärzteschaft: tel:
(030) 30 88 98 30

Original content of: Bundesärztekammer, transmitted by news aktuell

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