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Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)

IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS - Prädikat "besonders wertvoll"/Drama um Auschwitz-Prozesse mit Alexander Fehling erhält FBW-Auszeichnung - Prädikate auch für PLÖTZLICH GIGOLO, DIE FAMILIE sowie QUATSCH

Wiesbaden (ots)

Wiesbaden, 5. November. Die Aufarbeitung deutscher Geschichte im Kino ist und bleibt ein hochspannendes Thema. So auch in IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS (Start: 6. November), dem neuen Film mit Alexander Fehling. Fehling spielt einen jungen Staatsanwalt, der zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs von seinem Vorgesetzten Fritz Bauer mit der Vorbereitung der Auschwitz-Prozesse beauftragt wird. Die fünfköpfige Expertenrunde der FBW votierte einstimmig für das höchste Prädikat "besonders wertvoll". Ein Auszug aus dem Gutachten: "Der Film berührt, wühlt auf und ist trotz seiner historischen Bezüge in seinen Fragestellungen erstaunlich zeitgemäß und gegenwärtig. Er wird politisch Interessierte ebenso begeistern, deren Elterngeneration noch nicht zu den Nachgeborenen zählt, wie er junge Menschen bereichern und zu Diskussionen anregen wird, die all das nur aus dem Unterricht kennen."

Der Regisseur und Schauspieler John Turturro hat aus seiner Bewunderung für Woody Allen nie einen Hehl gemacht. Vollkommen konsequent, dass sein neuester Film PLÖTZLICH GIGOLO (Start: 6. November) eine Hommage auf Allens Humor und Filmstil ist. Turturro spielt einen New Yorker, der von seinem besten Freund (Woody Allen) als Gigolo "vermittelt" wird. Die FBW-Jury lobte die "präzise Zeichnung der Figuren" und deren "treffsichere Darstellung". Dazu hob sie die "zarte Tragikomödie" als gelungene reflexive Milieustudie für das New York von heute hervor. Hierfür vergab sie das Prädikat "besonders wertvoll".

Unter den weiteren Kinostarts mit Prädikat "besonders wertvoll" befindet sich auch der Dokumentarfilm DIE FAMILIE (Start: 6. November) von Stefan Weinert. Erzählt wird die Geschichte der Opfer im deutsch-deutschen Grenzgebiet. Weinert lässt Angehörige der Menschen zu Wort kommen, die ihr Leben verloren, an der Grenze, ob auf der Flucht in ein besseres Leben oder aber aus reiner "Vorsicht" der Grenzsoldaten. Die Jury der FBW vergab das Prädikat "besonders wertvoll" für diesen "politisch, moralisch und menschlich gewichtigen Film".

Schon für die ganz jungen Kinofans empfiehlt die FBW Veit Helmers QUATSCH UND DIE NASENBÄRBANDE (Start: 6. November). Eine Gruppe Kindergartenkinder beschließt, zusammen mit ihrem treuen und findigen Nasenbären "Quatsch", den Erwachsenen zu zeigen, dass sie sich nicht gefallen lassen, wenn diese nur noch wollen, dass alles normal und langweilig ist. Auf dem Zürich Film Festival wurde der Film gerade als bester Kinderfilm ausgezeichnet. Und auch die fünfköpfige Expertenrunde der FBW kam zu dem Schluss: "Der Film brilliert mit gelungen, deutschsprachigen Songs, netten Details und originellen sprachlichen Spielereien." In ihrer Begründung für die Auszeichnung hob sie außerdem insbesondere die gelungenen Montagen lobend hervor.

Weitere Informationen, auch zu kommenden Kino-Highlights sowie ausführliche Gutachten der Filme gibt es auf der Homepage unter www.fbw-filmbewertung.com.

Prädikatsfilme vom 6. November 2014

Im Labyrinth des Schweigens

Spielfilm, Drama. Deutschland 2014.

Deutschland, im Jahre 1958. Die Zeit des Wirtschaftswunders. Der Krieg ist seit über zehn Jahren vorbei und das Land will endlich vergessen, einen Schlussstrich unter alles ziehen. Die Gräuel der Nationalsozialisten sind gespenstische Horrorgeschichten, mit denen sich niemand beschäftigen will. Doch nicht alle können vergessen. Denn in Deutschland leben die Opfer weiter. Genau so wie die Täter. Als in Frankfurt ein ehemaliger Auschwitz-Insasse in einem Lehrer seinen SS-Aufseher wiedererkennt, wendet er sich an den Journalisten Thomas Gnielka. Der verlangt von der Staatsanwaltschaft eine Untersuchung. Keiner hört ihm zu - bis auf den jungen Anwalt Johann Radmann. Und Fritz Bauer, der als Generalstaatsanwalt ein Ziel verfolgt: dass die Verbrecher der Nazizeit zur Verantwortung gezogen werden. Und dass ihre Opfer Gehör finden. Im Jahr 1963 begannen unter Fritz Bauer in Frankfurt die Auschwitzprozesse. Mehrere hundert Zeugen wurden befragt, der Prozess war der bis dahin größte der Nachkriegsgeschichte. Giulio Ricciarellis Film erzählt von seiner Vorbereitung durch die drei Anwälte, die für Fritz Bauer arbeiteten und die in der fiktiven Person Johann Radmann zusammengefasst werden, glaubwürdig verkörpert von Alexander Fehling. Doch der Film erweist nicht nur den Anklägern Respekt. Er beschreibt im Detail exakt eine Zeit, in der Verdrängen und Schweigen der Wahrheit vorgezogen wurden. Die Zeit des Wirtschaftswunders und das neu aufkeimende Selbstbewusstsein eines Landes, das als Besiegter am Boden lag, überdeckte die Notwendigkeit, sich der vergangenen Verbrechen zu stellen. Dies ist die neue Perspektive, die der Film einnimmt. Er zeigt junge Menschen, denen durch die Aussagen der Opfer die Augen geöffnet werden, die ihren unschuldigen Blick verlieren und lernen müssen, mit der Schuld ihrer Vorfahren zu leben. Ricciarelli lässt dabei die grausamen Details aus, erzählt viel über Blicke. Sequenzen, in denen Menschen still die Wahrheit erkennen, wirken dabei viel intensiver und eindrücklicher nach als es detailreiche Erläuterungen könnten. Neben Fehling überzeugen vor allem André Szymanski als mutiger Journalist Gnielka sowie Gert Voss in seiner letzten Rolle als Fritz Bauer. Ein ruhig erzählter, klug recherchierter und immens wichtiger Film über eine Zeit in Deutschland, in der das Schweigen endete. Und die Wahrheit ans Licht kam.

http://www.fbw-filmbewertung.com/film/im_labyrinth_des_schweigens

Plötzlich Gigolo

Spielfilm, Komödie. USA 2013.

Fioravante ist ein netter Kerl aus New York. Er arbeitet in einem Blumenladen und hilft seinem besten Freund Murray, als dieser seinen Buchladen auflösen muss. Und auch, als Murray eine bahnbrechende neue "Geschäftsidee" hat, kann Fioravante nicht "Nein" sagen. Denn Murray will Fioravante als "Mann für gewisse Stunden" an geneigte Interessentinnen vermitteln. Und siehe da: die weibliche Kundschaft ist begeistert von dem sensiblen Mann mittleren Alters, der genau zu wissen scheint, was Frauen wollen. Als Fioravante jedoch auf die jüdische Witwe Avigal trifft, verliebt er sich in die Frau, die streng zurückgezogen nach ihren Glaubensregeln unter den wachsamen Augen der jüdischen Gemeinschaft lebt. Und sich doch nach menschlicher und männlicher Nähe sehnt. Ein Blumenhändler, der zum Gigolo mutiert? Ein Buchhändler als weiser Lebensratgeber und gleichzeitiger "Liebesagent"? Und ein Reigen charmanter und verschrobener Nebenfiguren, die sich im herbstlichen New York tummeln? Wer hier an Woody Allens Filme denkt, liegt nicht verkehrt, denn nicht nur ist John Turturros Film eine Verbeugung und Hommage an den Meister der "nervösen Romanze", sondern Allen selbst brilliert in der zweiten Hauptrolle als philosophierender Buchhändler a.D. und nebenberuflicher Zuhälter. Die Unterhaltungen zwischen Murray und Fioravante sind gekonnt konstruierte Geplänkel, die sich eigentlich um nichts Spezielles drehen und doch viel über die Befindlichkeit der Beteiligten verraten. Den Ton einer Welt der New Yorker High Society trifft Turturro ebenso genau wie den der jüdisch orthodoxen Gemeinde in Brooklyn. Unterstützt durch einen passenden Allenesquen Soundtrack sowie einer exzellenten Ausstattung und Kameraarbeit entsteht immer die passende Stimmung zur jeweiligen Szenerie. Dass hier zwei völlig unterschiedliche Lebensbereiche aufeinandertreffen wie käufliche Liebe und strenge Glaubensregeln, unterstützt auf reizvolle Art den dramaturgischen Spannungsverlauf. So werden, neben all den amüsanten Einzelepisoden, auch brisante gesellschaftliche Fragen thematisiert. Am Ende findet die Liebe ihren Platz - doch wo und auf welche Art und Weise, soll hier nicht verraten werden. Ein leichtes, doch niemals seichtes Kinovergnügen, das nicht nur das Herz von Woody Allen-Fans erfreuen wird.

http://www.fbw-filmbewertung.com/film/ploetzlich_gigolo

Die Familie

Dokumentarfilm. Deutschland 2013. Filmstart: 6.11.2014

DDR, 1970er Jahre: Ein Mann fährt mit seinem Bruder auf seinem Motorrad durch die Landschaft. Er biegt falsch ab und landet im deutsch-deutschen Grenzgebiet. Er will wenden. Einige Momente später ist er tot. Erschossen von einem Grenzsoldaten. Dieses Schicksal ist nur eines von vielen. Nach dem Fall der Mauer wurden einige obere Befehlshaber zur Verantwortung gezogen. Doch eine Entschuldigung der Täter selbst blieb aus. Es sei der Befehl des Systems gewesen, sagen sie. Den Familien der Opfer bleibt nur die Trauer über sinnlose Taten und den Verlust geliebter Menschen. Der Filmemacher Stefan Weinert gibt in seinem Dokumentarfilm diesen Menschen eine Stimme. Neben vielen weiteren Zeitzeugen und Familienangehörigen der Opfer konzentriert er sich dabei vor allem auf den oben erwähnten Fall. Denn der Sohn des Getöteten kann nicht vergessen. Und vor allem nicht verstehen. Er will ein Gespräch, eine Begegnung mit dem Mann, der seinen Vater erschossen hat. Weinert hält sich mit seinem Kommentar zurück, lässt die Betroffenen sprechen, zeigt Fakten auf, aber benutzt sie nie plakativ oder Effekt heischend. Die Geschichte, ihre Zahlen, Fakten und Statistiken, sprechen ihre eigene radikale Sprache. Umso wirkungsvoller ist der Eindruck auf den Zuschauer. DIE FAMILIE ist ein schmerzhafter und doch unermesslich wichtiger Einblick in die jüngste deutsch-deutsche Geschichte.

http://www.fbw-filmbewertung.com/film/die_familie_1

Quatsch und die Nasenbärbande

Spielfilm, Kinderfilm. Deutschland 2014 Filmstart: 6.11.2014

Die kleine Stadt Bollersdorf liegt mitten in Deutschland. Für eine Gesellschaft, die das Konsumverhalten der Bundesbürger untersucht, ist sie perfekt. Denn alles hier ist Durchschnitt. Genau so will es die Werbung, also wird ab sofort darauf geachtet, dass nichts und niemand mehr aus der Reihe tanzt. Die frechen Kinder der Nasenbärenbande finden das doof. Und als dann noch die Großeltern ins Altersheim verfrachtet werden, damit der Altersdurchschnitt nicht durcheinander gerät, beschließen die Kinder: Der Quatsch muss aufhören! Veit Helmer gelingt mit seinem Spielfilm rund um die frechen Kinder aus Bollersdorf ein anarchischer Kinderfilmspaß, auch für die ganz kleinen Zuschauer. Da werden Sachen nach Herzenslust kaputtgemacht und wieder zusammengebaut, da werden Bagger und Boote entführt, ein Nasenbär verwandelt ein Schwimmbad in einen Pool aus Erdbeermilchshakes und die Erwachsenen gucken ratlos aus der Wäsche. Das alles wird quietschbunt und mit ganz viel Spaß zum Detail inszeniert, die erwachsenen Darsteller haben sichtlich Spaß an ihren Rollen und die vergnügt spielenden Kinder sowieso. Nichts davon ist so wirklich ernst gemeint, dass wird auch den kleinen Zuschauern schnell klar, vielmehr soll vermittelt werden, dass es eben nicht darum geht, alles so zu machen wie der Durchschnitt. Man soll sich etwas trauen, ausprobieren und den Mut finden, sich gegen das zu stellen, was man für Quatsch hält. Eine Lektion, die der spaßig bunte Film ganz nebenbei vermittelt, unterstützt von ohrwurmverdächtigen, witzig getexteten Kinderliedern und einer Kulisse, die wie ein großes Spielzeugland zum Mitmachen einlädt. Ein fantasievolles Kinderfilm-Abenteuer und ein herrlich köstlicher Quatsch.

http://www.fbw-filmbewertung.com/film/quatsch_und_die_nasenbaerbande

Pressekontakt:

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Tel: 0611/ 96 60 04 -18
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