VDE Verb. der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik
VDE-Studie: Energieeffizienz wird zur Leitinnovation
Frankfurt am Main (ots)
- Deutschland führend in Elektro-, Energietechnik und Automation - Asiatische Konkurrenz verstärkt den Druck - Mikroelektronik-Standort am Scheideweg
Deutschland wird bis 2020 seine Spitzenposition in der Elektrotechnik, Energietechnik, Automation oder Medizintechnik behaupten. Die größten Innovationsimpulse gehen von den Mikro- und Nanotechniken aus. Hier liefern sich Europa, USA und China auch in den nächsten Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Fast 70 Prozent der VDE-Mitgliedsunternehmen erwarten signifikante Leitinnovationen im Bereich Energieeffizienz. Stärken des Standortes liegen vor allem in der mittelständischen Unternehmens-Infrastruktur, im hohen Ausbildungsstand und in der engen Kooperation von Hochschulen und Wirtschaft. Das Wissen und Können von Elektroingenieuren ist ebenfalls ein starker Standortfaktor. 62 Prozent der Unternehmen im VDE bewerten Ingenieurleistungen "Made in Germany" im internationalen Vergleich überdurchschnittlich. Der Expertenmangel entwickelt sich dagegen zu einem zunehmenden Handicap. Rund die Hälfte befürchten hier erhebliche Defizite. Das sind Ergebnisse des VDE-Innovationsmonitors 2008, einer Umfrage unter den rund 1.250 Mitgliedsunternehmen des Verbandes sowie Forschungseinrichtungen. Ein Novum ist, dass nicht mehr nur China, sondern jetzt auch Indien kräftig im Kommen ist, wobei Indien besonders im Bereich Informationstechnik und Internet viel zugetraut wird. Die USA werden in allen Bereichen zum Teil stark verlieren.
Das Vertrauen in den Innovations- und Investment-Standort
Deutschland ist bei den VDE-Mitgliedsunternehmen erfreulich groß. 87 Prozent planen in den nächsten zwei Jahren keine Verlagerung von Kapazitäten ins Ausland, in der Forschung und Entwicklung sind die Werte noch besser. Bei 62 Prozent wird der Anteil neuer Produkte am Gesamtumsatz wachsen. 39 Prozent wollen 2008 mehr in Forschung und Entwicklung investieren, nur vier Prozent erwarten eine Verringerung. Das F+E-Engagement am und für den Standort erhöht sich damit deutlich (+12 Prozent) gegenüber dem Vorjahr. Bei knapp 62 Prozent wird der Anteil neuer Produkte am Gesamtumsatz wachsen. Dabei arbeiten bereits jetzt viele Unternehmen mit Hochschulen (81 Prozent), Forschungsinstituten (55 Prozent) und anderen Unternehmen (72 Prozent) zusammen.
Deutschland verteidigt auch 2008 seinen Spitzenplatz als führender Mikroelektronik-Standort in Europa. Jeder zweite Chip aus europäischer Produktion wird hier hergestellt. Doch für Silicon Saxony, dem Zentrum der deutschen Mikroelektronik-Produktion mit 1.200 Unternehmen, etwa 44.000 Mitarbeitern und einem jährlichen Umsatz von über 6 Milliarden Euro, wächst neue Konkurrenz heran. Neue Chipfabriken werden derzeit verstärkt in Asien gebaut, wo günstige Rahmenbedingungen und große Absatzmärkte locken. Während hier 74 neue Halbleiterfabriken entstehen sollen, sind in der EU nur fünf in Planung, davon lediglich zwei in Deutschland. Das Gravitationszentrum der Mikroelektronik-Produktion verlagert sich damit nahezu vollständig nach Asien.
Chip-Cluster Dresden braucht neuen Schub
Der Mikroelektronikmarkt wächst kontinuierlich weiter und bleibt für eine Vielzahl an Branchen einer der wichtigsten Innovationsmotoren. Die Hälfte der befragten VDE-Experten, an Hochschulen sogar rund 60 Prozent, sind der Meinung, dass von den Mikro- und Nanotechniken die wichtigsten Innovationsimpulse ausgehen. 2007 wuchs der Umsatz weltweit um 3,2 Prozent auf 255,6 Milliarden USD an, 2008 wird sogar ein Zuwachs um 7 Prozent auf 275 Milliarden USD erwartet. Angetrieben wird der Mikroelektronikmarkt vor allem durch die starke Nachfrage nach diskreten Bauelementen, Opto-Halbleitern und Sensoren. Auch der deutsche Halbleitermarkt wird 2008 nach Schätzungen des ZVEI von 4 Prozent auf 11 Milliarden Euro zulegen.
Der Wettbewerb um Halbleiterfabriken und Innovationen in der Mikroelektronik wird für Deutschland dennoch härter. Dies ist auch am VDE-Innovationsmonitor 2008 abzulesen. Demnach holt insbesondere China in der Elektrotechnik und Mikroelektronik weiter auf. Aber auch Indien wird im Bereich Informationstechnik und Internet für 2020 als kommendes asiatisches Schwergewicht neben China angesehen. Ebenso wie dort werden Chip-Anbieter in Singapur - hinter dem taiwanesischen Hsinchu die Nummer 2 unter den Mikroelektronik-Standorten - mit öffentlichen Mitteln zum Fabrikbau animiert.
"Chipfresser" RFID und Automotive sorgen für hohe Nachfrage
Auf der Nachfrageseite geben in Deutschland vor allem die "Chipfresser" Embedded Systems, Automotive sowie die Telekommunikation, insbesondere Drahtlos-Technologien wichtige Impulse. Besonders die Automobilelektronik hat in Deutschland eine beispiellose Erfolgsgeschichte geschrieben. Die Hybridtechnologie ist besonders Chip-intensiv. Beachtliche Potenziale liegen auch in der Radio Frequenz Identifikation (RFID), die aus VDE-Sicht große Standortchancen eröffnet - nicht nur in der Logistik-Branche, sondern auch bei hochwertigen, völlig neuartigen mobilen Internet-Dienstleistungen. Anhaltend groß ist der Bedarf neben der Automobilbranche auch in anderen traditionell starken deutschen Branchen wie dem Maschinenbau, der Medizintechnik und der Produktions- und Automatisierungstechnik.
Mehr F+E-Investments am Standort Deutschland
In wichtigen Leittechnologien wie der Elektro-, Energie-, Medizintechnik und Automation wird Deutschland Innovationsführer bleiben, und in der Mikro- und Nanotechnik hält der Dreikampf der Triademärkte an. Besonders wichtige Leitinnovationen werden in den Bereichen Energieeffizienz (69 Prozent), Informations- und Kommunikationstechnik für Energienetze der Zukunft (36 Prozent) und für Gesundheit (28 Prozent) erwartet. Mit einem jährlichen Aufwand von etwa 8 Milliarden Euro und nahezu 80.000 Beschäftigten in Forschung und Entwicklung ist die deutsche Elektroindustrie traditionell eine der größten F+E-Branchen im Lande. Von der Innovationsbereitschaft sind auch weiterhin positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu erwarten. Nach den Angaben der Befragten - vorwiegend Experten aus kleinen und mittleren Unternehmen - liegt der Ingenieursanteil bereits jetzt bei fast 30 Prozent. Knapp die Hälfte rechnet damit, dass der Bedarf an Elektroingenieuren und IT-Experten im eigenen Unternehmen steigt, bei mittleren Unternehmen sind es sogar 55 Prozent. Insbesondere für die F+E-Abteilungen suchen die Firmen händeringend nach Fachkräften (56 Prozent). Fast die Hälfte befürchtet, ihren Bedarf an entsprechend ausgebildeten, erfahrenen Kräften in Zukunft nicht ausreichend decken zu können.
Gute Noten für deutsche Elektroingenieure
Der Fachkräftemangel zählt mit 59 Prozent der Nennungen nach der Bürokratie und gesetzlichen Rahmenbedingungen mit 76 Prozent, aber noch vor hohen Steuern und Abgaben mit knapp 38 Prozent zu den größten Innovationshemmnissen. 62 Prozent der Unternehmen schätzen deutsche Ingenieurleistungen im Vergleich zum internationalen Standard höher ein. In dem hohen Ausbildungsniveau sehen 51 Prozent große Chancen für Deutschland. Klare Nummer 1 in der Rangfolge der Standortchancen ist mit 63 Prozent die mittelständische Unternehmens-Infrastruktur.
Europäische Industriepolitik "Halbleiter" gefordert
Um seine Standortchancen zu nutzen, müssen Deutschland/Europa aus Sicht des VDE in jedem Fall Chipfabriken halten und ausbauen. Dies ist die einhellige Botschaft des VDE-Experten Panels Mikroelektronik, einer Umfrage im Top-Management von Chipherstellern. Wenn die Fabriken abwandern, werde das Design folgen, was schwerwiegende Auswirkungen auf die Produktivität in den starken deutschen Anwendungsbereichen haben könne. Mehr als 50 Prozent der gesamten deutschen Industrieproduktion und über 80 Prozent der Exporte hängen von der Elektro- und Informationstechnik ab. Der VDE fordert daher eine europäische konzertierte Industriepolitik pro Schlüsseltechnologie Mikroelektronik. Im Cluster Dresden wurden circa 2 Milliarden EURO Strukturfondmittel investiert, die zu circa 10 Milliarden EURO Steuereinnahmen und Sozialabgaben für die öffentliche Hand führten.
Bleibt der Innovationsmotor Mikroelektronik auf Touren, wird er nach Meinung des VDE auch die traditionell starken deutschen Anwenderbranchen weiter antreiben. "Wir gehen als Europameister in der Mikroelektronik selbstbewusst in die nächste Runde und haben gute Chancen, unseren Titel als Innovationsweltmeister in der Automobilelektronik, Elektro-, Energie-, Medizintechnik und Automation in den nächsten 10 Jahren zu verteidigen. In den Mikro- und Nanotechniken werden wir ein gehöriges Wort mitreden. Und Leitinnovationen im Bereich Energieeffizienz und Energietechnik, in der Mikro- und Nanotechnik und in der Medizintechnik sind geradezu Steilvorlagen für Deutschland - wir müssen unsere Torchancen aber auch verwerten", bilanziert VDE-Vorstandsvorsitzender Dr.-Ing. Hans Heinz Zimmer auf der Hannover Messe.
Der Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik (VDE) ist mit 34.000 Mitgliedern, davon 1.250 Unternehmen, und 700 Mitarbeitern einer der großen technisch-wissenschaftlichen Verbände Europas. Sein System ist weltweit einmalig: Der VDE vereint Wissenschaft, Normung und Produktprüfung unter einem Dach. VDE-Tätigkeitsfelder sind der Technikwissenstransfer, die Forschungs- und Nachwuchsförderung der Schlüsseltechnologien Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik und ihrer Anwendungen. Die Sicherheit in der Elektrotechnik, die Erarbeitung anerkannter Regeln der Technik als nationale und internationale Normen, Prüfung und Zertifizierung von Geräten und Systemen sind weitere Schwerpunkte. Das VDE-Zeichen, das zwei Drittel der Bundesbürger kennen, gilt als Synonym für höchste Sicherheitsstandards. Die Technologiegebiete des VDE: Informationstechnik, Energietechnik, Medizintechnik, Mikroelektronik, Mikro- und Nanotechnik sowie Automation.
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