Operation Nanga Parbat: Reinhold Messner kehrt um
Hamburg (ots)
Wie die Wochenzeitung DIE ZEIT in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, ist Reinhold Messner vom Nanga Parbat zurückgekehrt. ZEIT-Autor Hans-Peter Märtin hatte ihn auf seiner Expedition begleitet. Zum dritten Mal und 14 Jahre nach seinem letzten Achttausender hat dieBergsteigerlegende versucht, seinen 8125 Meter hohen Schicksalsberg im pakistanischen Himalaya zu bezwingen. Mit 55 Jahren und drei Freunden aus Südtirol als Seilschaft. Im Messner-Stil: Ohne zusätzlichen Sauerstoff, ohne Hochlager und auf neuer Route.
Hier kam 1970 Messners Bruder Günter in einer Lawine ums Leben, Messner selbst erfroren sechs Zehen. Acht Jahre später schaffte er als erster die Alleinbesteigung vom Tal zum Gipfel. Außerdem ging es Messner darum, das Schicksal des Briten Albert Frederick Mummery aufzuklären, der 1895 am Nanga Parbat als erster Mensch versuchte, einen Achttausender zu besteigen und auf Nimmerwiedersehen in den eisigen Höhen verschwand. Wegen Mummerys Credo, das Bergsteigen mit möglichst wenigen Hilfsmitteln anzugehen, ist der Brite eines der erklärten Vorbilder Messners.
Nach Abwarten einer Schlechtwetterperiode startet das Team am frühen Morgen des 27. Juli den Gipfelsturm. Ohne Schwierigkeiten erreichen die Bergsteiger das vorgeschobene Basislager. Am nächsten Morgen steigen Reinhold Messner und seine Bergsteigerkollegen Eisendle und Thomaseth durch den Gletscherbruch in die Nordflanke ein und schaffen auf einem festen Lawinenstrich phänomenale 3000 Höhenmeter in nur zwei Tagen in einem Terrain, das noch nie zuvor ein Menschenfuß betreten hatte. In 7200 Metern Höhe wird ein Biwak in einer Gletscherspalte bezogen.
Dann stoßen sie auf grundlosen Triebschnee, mit dem der Monsun die Hänge zugedeckt hat. ZEIT-Autor Märtin: "In der grundlosen Masse bedarf es zehnfacher Anstrengung, um Meter um Meter an Höhe zu gewinnen. Längst sind die Lippen aufgerissen, die Kehlen durch das Hyperventilieren in der dünnen Luft ausgedorrt." In 7500 Metern Höhe, gut 600 Meter unter dem Gipfel brechen Messner und Co. ihr Unternehmen ab. Wäre man vier Wochen früher gekommen, wäre der Gipfelsturm kein Problem gewesen. Und auch im "klassischen Stil", mit Hochlagern, Fixseilen und einer großen Mannschaft, die dem Gipfelteam den Berg vorbereitet, wäre das Ereichen des Gipfels selbst unter diesen Bedingungen möglich gewesen.
Messner hat auch so eines seiner wichtigsten Ziele erreicht: "Die neue Route steht, sie konnte wegen ungünstiger Schneebedingungen aber nur bis 7500 Meter begangen werden", sagt Messner nach seiner Rückkehr ins Basislager. An der Stelle mündet sie ohnehin in eine bereits bekannte, die "Tschechen-Route" von 1978 ein. Für Messner ist damit die Mummery-Route komplett. Ob ein Knochenfragment, das Eisendle in großer Höhe fand, eventuell von Mummery stammt, werden Untersuchungen in Kürze ergeben.
Ob sich Messner, wie versprochen, nun wirklich für immer von den Achttausendern zurückzieht, bleibt offen. Märtin: "Dazu beherrscht er das Abenteuer Berg einfach zu gut." Vielleicht gibt es doch noch ein allerletztes Mal: 2003 jährt sich die Erstbesteigung des Nanga Parbat zum 50. Mal. Dann ist Reinhold Messner erst 58 Jahre alt.
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Diese Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 33/2000 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 10. August 2000 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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