Ostdeutsche sehen sich als Gewinner der Einheit
Hamburg (ots)
Immer mehr Ostdeutsche fühlen sich in der Bundesrepublik heimisch, sehen sich als Gewinner der Einheit und blicken optimistisch in die Zukunft. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest/dimap im Auftrag der Wochenzeitung DIE ZEIT. Fast 80 Prozent der Ostdeutschen haben demnach in der neuen Gesellschaftsordnung keine Schwierigkeiten mehr. Nur fünf Prozent glauben, sie würden sich wohl "nie so richtig in den neuen Lebensumständen zurechtfinden". 15 Prozent sind noch beim "Eingewöhnen" - bei einer ZEIT-Umfrage im Jahre 1993 waren es noch 21 Prozent.
Sah sich vor sieben Jahren nur ein knappes Drittel der Bevölkerung als Gewinner der Einheit (32 Prozent), sind es heute fast doppelt so viele (59 Prozent). Zu ihnen zählen sich vornehmlich junge Menschen bis 35 Jahre, höher Gebildete und Berufstätige. Immerhin zwei Drittel der Ostdeutschen sagen heute, die Hoffnungen, die sie mit der Einheit verbanden, hätten sich erfüllt. 72 Prozent der Befragten (1993: 69) sehen der Zukunft optimistisch entgegen.
Für die meisten Ostdeutschen bedeutete die Vereinigung zunächst einen Abstieg, wie die Studie von 1993 zeigte. In der Befragung zählten sich damals nur noch halb so viele Personen wie in der DDR zu Oberschicht oder oberer Mitte; gleichzeitig verdoppelte sich bis 1993 die Zahl derer, die sich zum unteren Segment der Gesellschaft zählten. In den sieben Jahren seither hat sich einiges geändert: Der Anteil derjenigen, die sich "unten" fühlen, ist wieder gesunken (von 7 auf 2 Prozent). Zugleich entsteht - sehr langsam - ein neues "Oben" (von 0 auf 2 Prozent). Nach wie vor aber ist im Osten die gesellschaftliche Elite im Vergleich zu DDR-Zeiten und zu Westdeutschland schwächer. Unterschiede zeigen sich auch in der Selbstverortung der verschiedenen Altersgruppen: Die 45- bis 60-Jährigen, normalerweise die etablierteste Altersgruppe einer Gesellschaft, stufen sich in den neuen Ländern niedriger ein als Jüngere.
Die Einschätzung dessen, was die letzten zehn Jahre gebracht haben, ist zwiespältig: Materiellen Erfolgen stehen persönliche Enttäuschungen gegenüber. Einerseits haben sich Lebensstandard und Wohnbedingungen für die meisten verbessert (oder sind zumindest nicht schlechter geworden). Andererseits klagt die Hälfte der Befragten über zu wenig Zeit für das Private und einen schlechteren Zusammenhalt im Freundeskreis. Eher negativ beurteilen die Ostdeutschen auch das neue Bildungs- und Gesundheitssystem. Insgesamt sehen sie die Bundesrepublik als kinderfeindliche Gesellschaft: Die Hälfte der Befragten ist der Meinung, die Entwicklungschancen für Kinder seien heute schlechter als in der DDR.
Die Wahl zwischen freiheitlichem und fürsorglichem Staat fällt klar aus: Knapp zwei Drittel und damit bereits fast so viele wie im Westen entscheiden sich für ersteren. Doch immerhin 16 Prozent der Ostdeutschen wünschen sich die DDR zurück, vor sieben Jahren war es nur zehn Prozent. Gleichzeit stieg aber auch die Zahl derjenigen, die die Bundesrepublik für den erstrebenswerteren Staat halten (von 45 auf 58 Prozent).
Die vollständige Umfrage kann bei Frauke Ahlborn unter Tel.: 040 - 3280 - 278 angefordert werden.
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 40/2000 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 28. September 2000 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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