Schwere Fahndungspannen im Fall Holger Pfahls: Wird seine Verhaftung bewusst behindert?
Hamburg (ots)
Bei der Verfolgung des seit knapp 18 Monaten abgetauchten früheren Staatssekretärs Ludwig-Holger Pfahls ist es nach Informationen der Wochenzeitung DIE ZEIT zu mehreren schweren Fahndungspannen gekommen. Die Fahnder waren mindestens vier Mal ganz in Pfahls Nähe oder beobachteten ihn, griffen aber nicht zu. Pfahls wird mit Haftbefehl gesucht, weil er im Verdacht steht, als Staatssekretär im Verteidigungsministerium mit 3,8 Millionen Mark bestochen gewesen zu sein und dafür den umstrittenen Export von Fuchs-Spürpanzern nach Saudi-Arabien befördert zu haben. Der Frage, ob die Bundesregierung bei diesem Panzer-Export gekauft war, geht auch der Untersuchungsausschuss des Bundestages nach.
Am 10. Dezember 1999 telefonierte Pfahls nach Informationen der ZEIT in der Schweiz mit seiner Frau. Birgit Pfahls stand nur wenige Kilometer entfernt in einer Telefonzelle in dem Örtchen Stans nahe des Vierwaldstätter Sees und wurde von zwei deutschen und zwei Schweizer Zielfahndern dabei beobachtet. Der Zugriff gelang aber aus rätselhaften Gründen nicht. Pfahls wurde nach der ZEIT vorliegenden Dokumenten in der Schweiz genau beobachtet. Die Fahnder wussten, dass Pfahls plante, seinen Hausstand aus Deutschland in die Schweiz zu holen. So steht es in einem amtsinternen Fahndungsaufruf, der vier Tage nach dem Telefonat von Stans herausging. Mit seinem Hausstand wollte Pfahls, so fürchteten die Fahnder, auch Beweismittel zur CDU-Spendenaffäre aus dem Land schaffen. Trotz intensiver Fahndung misslang der Zugriff erneut. Ein empörter Zielfahnder sagte der ZEIT: "Unsere Probleme sind nicht nur technischer Natur. Mehr sage ich dazu nicht." Die ZEIT geht in ihrer neuen Ausgabe dem Verdacht nach, dass Pfahls Verhaftung bewusst behindert wird.
Zu einer Stellungnahme gegenüber der ZEIT sind weder das Bundeskriminalamt noch das Bundesinnenministerium noch das Bundesaußenministerium bereit gewesen.
Tatsächlich kennen die Fahnder nach den Recherchen der ZEIT die Fluchthelfer Pfahls' sowie die Kreditkarten, die ihm zur Verfügung gestellt werden. Jede Zahlung führt die Polizei üblicherweise binnen einer Stunde auf die Spur des Flüchtigen. Einmal landete Pfahls nach ZEIT-Informationen mit dem Flugzeug in London, telefonierte sofort, die Polizei lokalisierte ihn, der Zugriff misslang aber erneut. Als Pfahls während seiner Flucht im Frühsommer 1999 fast sechs Wochen krank in Taiwan im Krankenhaus lag, berichteten deutsche Stellen nach ZEIT-Informationen fast täglich in verschlüsselten Fernschreiben über den mit Haftbefehl gesuchten Pfahls an die zuständigen Behörden in Deutschland. Einmal, fand DIE ZEIT heraus, stand sogar ein deutscher Zielfahnder am Krankenbett. Aus einem der ZEIT vorliegenden Dokument geht hervor, dass eine sogenannte "Fachstelle vor Ort", gemeint war offenbar der BND, Pfahls beobachtet habe. Warum Pfahls trotz dieser Rund-um-die-Uhr-Beobachtung unbemerkt das Krankenhaus verlassen und verschwinden konnte, haben die deutschen Fahndungsbehörden gegenüber der ZEIT nicht kommentieren wollen.
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 47/2000 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 16. November 2000 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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