"Schrittmacher einer liberalen Eugenik"
Jürgen Habermas zur
bevorstehenden Bundestagsdebatte über den Import enbryonaler
Stammzellen
Hamburg (ots)
Der Philosoph Jürgen Habermas warnt in der neuen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT vor den politischen Folgen des Imports embryonaler Stammzellen: "In dem Maße, wie uns diese Entwicklung verheißungsvolle Chancen eröffnet, bisher unheilbare Krankheiten zu behandeln, bietet sie uns vermutlich auch die zweifelhaften Optionen einer verbessernden Eugenik." Habermas, der im Herbst den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhielt, äußert die Befürchtung, dass die Gesellschaft auf eine "abschüssige Ebene" gerate, wenn die Möglichkeiten der Biotechnologien nicht streng geregelt würden.
Die "Eingewöhnung eines instrumentalisierenden Umgangs mit embryonalen Stammzellen" und die Zulassung der PID könne durchaus zum "Schrittmacher einer liberalen Eugenik werden." Deshalb dürfe man ein "so heikles Thema nicht ohne ausgreifende Perspektive behandeln. Niemand kann Entscheidungen, die unwiderruflich durch das Sozialisationsschicksal einer anderen Person hindurchgreifen, rechtfertigen. Niemand vermag vorauszusehen, was sich im lebensgeschichtlichen Kontext eines anderen als Fluch oder Segen erweisen wird."
Die Empfehlung des von Bundeskanzler Schröder eingesetzten Nationalen Ethikrats hält Habermas für nicht konsistent. "Wenn man sich schon berechtigt glaubt, die Zerstörung von embryonalen Stammzellen für vermeintliche höhere Ziele - der Forschungsfreiheit und der Entwicklung von Heilverfahren - in Kauf zu nehmen, warum sollte man dann die so oder so instrumentalisierten Lebewesen nicht auch für diesen Zweck herstellen dürfen? Die Beschränkung auf den Import vorhandener Zelllinien und die Auflagen für den Import selbst ergeben nur einen Sinn, wenn man die Praxis doch nicht für ganz koscher hält."
Das komplette ZEIT- Interview zu dieser Meldung (Die ZEIT Nr. 5/EVT 24.01.2002) stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung
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