Anthony Giddens: "Deutschland verpasst Anschluss an globalisierte Weltökonomie"
Hamburg (ots)
Der britische Sozialwissenschaftler und Direktor der London School of Economics, Anthony Giddens, hat die sozialdemokratisch geführten Regierungen in Europa aufgefordert, die notwendigen Strukturreformen zügig durchzuführen. Am Vorabend des Stockholmer Gipfeltreffens der "progressiven Regierungen" sagt Giddens in einem Gespräch mit der Wochenzeitung DIE ZEIT: "Es fehlt nicht an Konzepten, aber es mangelt an der Umsetzung." Er verstehe das Dilemma der Politiker, die über Strukturreformen entscheiden müssten. Deutschland stünde heute jedoch besser das, wenn wirtschaftliche und sozialpolitische Reformen früher eingeleitet worden wären.
"Das Modell, das Deutschland hervorragend diente, als die Wirtschaft noch blühte, erweist sich heute als unfähig, auf die neuen Gegebenheiten der globalisierten Weltökonomie zu reagieren", sagt Giddens. Im weiteren Verlauf des Gesprächs warnt er die europäischen Sozialdemokraten vor einer unkritischen Haltung gegenüber der freien Wirtschaft. Es gibt "zu wenig Nachdenken darüber, was Verantwortungsbewusstsein eines freien Unternehmers" bedeute. Die derzeitigen Skandale wie der um die US-Firma Enron zeigten, wohin das führen könne. Giddens sagt weiter: "Ich war immer der Meinung, dass New Labour eine etwas zu starke ,Liebesaffäre' mit Wirtschaftsführern hat. Natürlich muss man die Unternehmen unterstützen, sonst hat man keine florierende Wirtschaft. Aber das ist etwas anderes als unkritische Bewunderung für erfolgreiche Unternehmer. Dafür gibt es Grenzen.
Das komplette ZEIT-Interview (DIE ZEIT Nr. 9, EVT 21.02.2002) zu dieser Meldung stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Für Rückfragen melden Sie sich bitte bei Elke Bunse oder Verena Schröder, ZEIT-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, (Tel.: 040/ 3280-217, -303, Fax: 040/3280-558, e-mail: bunse@zeit.de, schroeder@zeit.de).
Original content of: DIE ZEIT, transmitted by news aktuell