Reinhard Mohn: "Die Familie kann nichts durchsetzen"
Hamburg (ots)
In der dieswöchigen ZEIT äußert sich Bertelsmann-Patriarch Reinhard Mohn, 82, erstmals im Interview über die Reform der Kontrollstruktur des Unternehmens. Zwar habe er seiner Familie mehr Gewicht gegeben, aber, so seine Botschaft, diese "kann nichts durchsetzen".
Missverständnisse seien "vielleicht nicht ganz aufgearbeitet" worden, konzediert Mohn nun mit Blick auf die Reform. Doch sei die Macht seiner Familie weiterhin eng begrenzt, "weil sie nicht die Mehrheit hat". Sie könne auch keine matriarchalischen Verhältnisse einführen. Speziell zur Rolle seiner Frau fügt Mohn hinzu: "Selbst wenn meine Frau ganz andere Ziele hätte und ein anderes Firmenverhalten durchsetzen wollte, wäre sie dazu gar nicht in der Lage."
Zur öffentlichen Kritik des Aufsichtsratsvorsitzenden Gerd Schulte-Hillen an Mohns Richtungswechsel meint Mohn, sie wäre besser unterblieben. Indes sei "die Kontroverse um die Satzung des Gesellschaftergremiums beigelegt". Nach dieser neuen Satzung verfügt die Familie über drei von acht Sitzen in der Verwaltungsgesellschaft und kann somit jeden satzungsändernden Beschluss verhindern.
Mohn hatte Anfang des Jahres ein "Systemversagen" ausgemacht, das weit über Bertelsmann hinausgehe. Gerade in der Führungsstruktur vieler Publikumsfirmen sieht er einen "Fortschreibungsbedarf. Mit der Gewinnmaximierung wird die Zielsetzung einer Aktiengesellschaft schlecht dargestellt". Wirtschaftsunternehmen müssten zuallererst der Gesellschaft dienen und durch dauernden Dialog den Konsens mit den Mitarbeitern suchen. Diesem Oberziel seien die Ziele der einzelnen Stakeholder "untergeordnet". Bertelsmann selbst habe seine Mitarbeiterbefragung enorm weiter entwickelt, so dass man heute die sozialen Fähigkeiten der Führungskräfte "viel besser messen" könnte.
Jedes Verständnis fehlt dem 82jährigen für Manager, die sich wie Stars benehmen: "Manche Unternehmer treten bei jeder Show auf und wissen alles besser. Ich kann es verstehen, wenn ein Politiker so handelt, weil er auf Meinungsbildung und Stimmen angewiesen ist. Ich kann es überhaupt nicht verstehen, wenn das ein Unternehmer macht."
Das komplette ZEIT-Interview (DIE ZEIT Nr. 32, EVT 31. Juli 2003) dieser Meldung stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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