EU-Gewerkschaftsführer John Monks greift deutsche Wirtschaftspolitik an
Hamburg (ots)
John Monks, Generalsekretär des europäischen Gewerkschaftsdachverbandes ETUC, kritisiert in der ZEIT die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung: "Solange die Politiker den Bürgern nur erzählen, dass die Löhne und die Renten zu hoch sind, der Sozialstaat insgesamt zu teuer ist und alle mehr arbeiten müssen, werden die Leute ihr Geld nicht ausgeben .... So kann die Konjunktur ja gar nicht anspringen." Seit Mitte der 90er Jahre erschütterten sozialdemokratische Regierungen mit solchen Reden das Vertrauen der Bürger in das europäische Sozialmodell. "Irgendwann werden die Beschäftigten Europa nicht mehr stützen, wenn es nur als Vehikel für die Amerikanisierung genutzt wird", warnt Monks.
Lobend äußert sich der Gewerkschaftler zur Osterweiterung. Vor allem Deutschland profitiere "dank seiner Lage vom neuen, riesigen Hinterland". Je mehr sich die EU nach Osten öffne, desto besser für Deutschland. Und je reicher Polen werde, desto mehr deutsche Produkte kaufe es. "Dennoch wird diese Entwicklung bei Ihnen allein als Bedrohung wahrgenommen." Monks äußert sich verwundert über die deutsche Debatte: "Erstaunlich, wie unglaublich gern die Deutschen depressiv sind."
Monks plädiert für die baldige Verabschiedung der EU-Dienstleistungsrichtlinie: "Die Zukunft liegt in Dienstleistungen privater Anbieter." Die entscheidende Frage ist nur: "Wollen wir dort die Standards der Schwächsten durchsetzen? Das kann doch keine Grundlage für eine gute Entwicklung sein ... Es darf doch nicht sein, dass ich mir in der Slowakei ein Schild mit der Aufschrift 'slowakisches Unternehmen' besorge und dann zu slowakischen Bedingungen auf den deutschen Markt ziehen kann". Monks spricht sich dafür aus, den Entwurf der EU-Kommission zu überarbeiten und durch Mindeststandards und Ausnahmeregeln zu ergänzen. Die Chancen dafür seien derzeit "gar nicht so schlecht".
Das komplette Interview der ZEIT Nr. 20 vom 12. Mai 2005 senden wir Ihnen gerne zu.
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