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Goethe-Preisträger Amos Oz: Es ist eine Sünde, den Nahostkonflikt nur Schwarzweiß zu sehen

Hamburg (ots)

Für den prominentesten israelischen
Schriftsteller, Amos Oz, ist der Abzug aus dem Gaza-Streifen eine der
ernstesten Krisen seines Landes, vergleichbar mit dem Abzug aus dem
Sinai. "Das Land hat den Moment der Wahrheit in seiner Geschichte
erreicht. Dessen sind sich viele ganz stark bewusst. Dabei geht es
nicht nur um die besetzten Gebiete und den Widerstand der Siedler. Es
geht um Theokratie versus Demokratie, um die Rolle der Rabbiner und
der Thora, um die Fundamente einer demokratischen Zivilgesellschaft.
Unter all den Streitereien um Sicherheit, historische Rechte,
Siedlungen, Gefühle, Schuld und Frieden sind wir am harten Felsblock
angelangt", sagt Oz in einem Interview mit der ZEIT.
"Fast zwanghaft" nennt Oz das Interesse Europas an einem Frieden
in Nahost. "Es gibt solche, die glauben, dass Frieden eine emotionale
Angelegenheit ist. Etwas zwischen Gruppentherapie und
Familienberatung. Such dir einen guten Therapeuten, und die Ehe wird
wieder funktionieren. Geh zu einer Gruppentherapie, und jeder wird
sich mitteilen und dann den anderen in Tränen umarmen. Das ist aber
kindisch. In Beziehungen, nicht nur zwischen Ländern und Nationen,
sondern auch zwischen Individuen, ist manchmal das Beste, was man
kriegen kann, eine Koexistenz mit punktuellen Zusammenstößen."
Kritisch sieht Oz, der am kommenden Sonntag mit dem Goethe-Preis
der Stadt Frankfurt ausgezeichnet wird, eine von ihm erkannte
sentimentale deutsche Begeisterung für die Palästinenser. "Ich halte
es für eine moralische und ethische Sünde, die Welt so in Schwarzweiß
zu sehen ... Es ist falsch, den Nahostkonflikt mit Juden in der Rolle
der Guten zu sehen und den Arabern in der Rolle der Bösen, aber es
ist genauso falsch, die Araber als die Guten zu betrachten und die
Juden als die Bösen ... Die Tatsache, dass jemand ein Opfer war,
macht ihn nicht zu einem Engel."
Das komplette Interview Der ZEIT Nr. 35 vom 25. August 2005 senden
wir Ihnen gerne zu.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Elke Bunse, DIE ZEIT Presse-
und Öffentlichkeitsarbeit (Tel.: 040/3280-217, Fax: 040/3280-558,
E-Mail:  bunse@zeit.de)

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